Achtung Änderung

Im Zuge der aktuellen Wirtschaftskrise sind zahlreiche Journalistinnen und Journalisten von Änderungskündigungen, einvernehmlichen Verschlechterungen des Arbeitsvertrags und Entlassungswellen betroffen. In welchen Fällen können Arbeitnehmende ihre Zustimmung zu einer Verschlechterung des Arbeitsvertrags im Nachhinein anfechten?

Prinzipiell sind Zustimmungen zu Änderungen des Arbeitsvertrags im Nachhinein nur ausnahmsweise anfechtbar. Es empfiehlt sich daher, vorab zu prüfen, ob die in Frage stehende Änderung inhaltlich überhaupt rechtens war. Weist die Vertragsänderung einen unmöglichen, rechtswidrigen oder sittenwidrigen Inhalt auf (Art. 20 OR), so ist sie trotz Zustimmung der Arbeitnehmenden nichtig und daher unbeachtlich. Zu denken ist etwa an eine Lohnreduktion, welche den GAV-Mindestlohn unterschreitet oder geschlechterdiskriminierend ist (Werner Gloor, Le congé-modification et l’acceptation de l’offre modificative abusive, in: ARV 2008 S. 263 ff.).

Übervorteilt und getäuscht
Ist die Vertragsänderung inhaltlich zulässig, so können die Arbeitnehmenden ihre einmal abgegebene Zustimmung zur Vertragsänderung nachträglich nur dann anfechten, wenn sie sich bei Abgabe der Zustimmungserklärung in einem wesentlichen Irrtum befunden haben (Art. 23 ff. OR), wenn sie übervorteilt (Art. 21 OR) oder getäuscht (Art. 28 OR) wurden oder wenn die Zustimmung auf Erregung gegründeter Furcht (Art. 29 OR) beruhte. Sodann ist ein einseitiges Zurückkommen auf eine Vertragsänderung auch dann möglich, wenn eine vom Arbeitnehmer gestellte – ausdrückliche oder stillschweigende – Bedingung (Art. 151 ff. OR) zur Zustimmung zur Vertragsänderung später wegfiel (Werner Gloor, a.a.O., S. 264 ff.).

Qualifizierter Irrtum
Anwendungsfälle erfolgreichen einseitigen Zurückkommens auf eine Änderung des Arbeitsvertrags sind relativ selten und erfordern in den meisten Fällen rechtzeitigen rechtlichen Rat, zumal eine Willensmängelanfechtung möglichst frühzeitig, spätestens aber innerhalb eines Jahres seit Entdeckung des Irrtums oder der Täuschung oder mit dem Wegfall der Furcht zu erfolgen hat (Art. 31 OR; Werner Gloor, a.a.O., S. 266). Kommt hinzu, dass nur ein qualifizierter Irrtum des Arbeitnehmers bei Annahme einer Vertragsänderung zur Anfechtung der Zustimmungserklärung berechtigt (Art. 23 OR).

Furchterregend
Immerhin hat das Bundesgericht in einem Fall, wo der Arbeitnehmer durch Androhung einer der Sache nach ungerechtfertigten fristlosen Kündigung gezwungen wurde, eine Änderungskündigung anzunehmen, eine nachträgliche Anfechtung der Zustimmungserklärung zur Vertragsänderung wegen Erregung gegründeter Furcht zugelassen (Werner Gloor, a.a.O., S. 265 FN 119). Sodann hat das Arbeitsgericht des Kantons Bern erkannt, die stillschweigende Zustimmung eines Arbeitnehmers zur Kurzarbeit erfolge in der Regel unter der Bedingung, dass ihm dafür nicht gekündigt werde. Werde ihm später dennoch aus wirtschaftlichen Gründen gekündigt, so könne er die Lohndifferenz ohne Weiteres geltend machen (JAR 1994 S. 125 ff.). Auch die Arbeitnehmenden eines Grossbetriebs, welche in der erkennbaren Erwartung, den Arbeitsplatz zu erhalten, dem Verzicht auf den 13. Monatslohn zustimmten, durften nach Treu und Glauben annehmen, ihre Stelle sei für mehr als nur einige Monate, nicht aber länger als ein Jahr, gesichert (JAR 1985 S. 144; vgl. ferner auch JAR 1988 S. 399 in fine).

Zusammenfassend ist festzuhalten, dass die nachträgliche Anfechtung einer Vertragsänderung komplex ist und in der Regel rechtlichen Beistand erfordert. Wenden Sie sich daher im konkreten Fall unbedingt an den ZPV oder impressum.

Beatrice Gurzeler ist Rechtskonsulentin von impressum und arbeitet im Zentralsekretariat in Fribourg.bundesgericht.jpg