Selten war eine Ausgabe der Monatszeitschrift NZZ Folio so aktuell wie die neuste. Leider waren fast alle Artikel schon geschrieben, als in Japan die Erde bebte. 
Was macht eine Redaktion eines hintergründigen Magazins, wenn ein nahezu fertig produziertes Heft von der Aktualität überrollt wird? «Natürlich stellten wir uns sofort die Frage, ob wir von vorne beginnen müssen», Reto U. Schneider, der stellvertretende Redaktionsleiter von NZZ Folio, im Editorial der April-Ausgabe. Sie war angelegt worden auf das 25-Jahr-«Jubiläum» von Tschernobyl am 26. April.
Jetzt aber hatte ein Beben in Japan nicht nur zu einer neuen Atomkatastrophe, sondern auch zu einer völlig veränderten Meinungslandschaft in der Atompolitik geführt. Ganze Regierungen machten kehrt, waren von Befürwortern zu Gegnern geworden. «Weil das vorliegende Folio nie explizit pro oder kontra Atomkraft angelegt war – dafür schien uns die Materie zu komplex –, blieben uns Meinungspirouetten erspart. Trotzdem prüften wir jeden Artikel auf nötige Zusatzrecherchen und den Cartoon auf seine Pietät», so Schneider. Den Titel änderte die Redaktion noch schnell von «Atomkraft – Fluch oder Segen?» zu «Atomkraft – Am Scheideweg». Bei Redaktionsschluss am 23. März war noch ungewiss, wie sich der Unfall in Fukushima weiter entwickelt. Heute, 10 Tage später, wissen wir, der GAU schwelt stärker den je, der havarierte Reaktor strahlt unvermindert, das Thema bleibt.
Doch es gab im Heft auch Platz für Ergänzungen, genug sogar. «Viele Werbekunden – nicht nur aus der Elektrizitätswirtschaft – hatten ihre Anzeigen in der Zwischenzeit zurückgezogen», heisst es im Editorial. Den Platz erhielten Alt-Bundesrat Moritz Leuenberger, der jahrelang die Schweizer Atompolitik mitprägte, für ein Essay mit dem Titel «Taktik, Hoffnung oder Vernunft» und eine Reihe von Promis, die sich in kurzen Zitaten zur Zukunft der Atomenergie äussern dürfen.
NZZ Folio 4/11 ist online schon seit dem 1. April, als Heft liegt es am Montag, 4.4., der Inlandausgabe der NZZ bei.
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