Bleifuss-Indianer und Benzin-Gurgeln

Autojournalisten sind bekannt für ihre Empfänglichkeit von Gefälligkeiten aller Art. Sie revanchieren sich mit an Kritik armen Beiträgen über Sprit-saufende PS-Monster des Hochpreissegments. Eine Studie bringt Licht in das dubiose Beziehungsgeflecht.

Den neuen Maserati für zwei Wochen Probe fahren, genügend Benzin inklusive. Einmal ins Cockpit des Lamborghini Murciélago sitzen und abends guten italienischen Wein im Piemont verkosten, mit Überschall über die Sahara düsen, um einen Offroader von Renault zu testen: Mit luxuriösen Reisen, opulenter Verpflegung und Testwagen à discretion gehören die Motorjournalisten zu einer besonders umsorgten Spezies.

Die Berichte, die darauf auf den Autoseiten der Tages- und Wochenpresse erschienen, sind bei näherer Betrachtung eher verkappte Public-Relations-Beiträge. Sie dienen der Verkaufsförderung der jeweiligen Neuheiten und dem genehmen redaktionellen Umfeld für die Inserenten. Immerhin: Der Tages-Anzeiger macht seit einiger Zeit kenntlich, wenn der Schreibende seinen Bericht aufgrund einer PR-Sause verfasst hat. 

Eine in Deutschland von der stattlichen Energie-Agentur durchgeführte Analyse von Testberichten, die sich weitgehend auch auf die Schweiz übertragen lässt, kommt zu wenig schmeichelhaften Schlüssen: «Die Zeitungen berichten viel über Sportwagen und PS, aber wenig über Spritverbrauch», lautet das Fazit der Studie. Energieeffiziente Mobilität ist in der Tagespresse klar unterrepräsentiert.

PS-Leistung besonders wichtig
Nur bei 40 Prozent der Besprechungen einzelner PW-Modelle wird der Spritverbrauch genannt. «Am häufigsten erwähnen die Autojournalisten PS-Leistung, Kaufpreis und Design.» 30 Prozent der Modellberichte präsentieren verbrauchsintensive Fahrzeugtypen wie Sport-, Gelände- und Oberklassewagen, obwohl diese bei Neuzulassungen nur einen Marktanteil von 10 Prozent haben.»

Die Medien spielen beim Thema Verkehr und Mobilität eine wichtige Rolle als kritische und unabhängige Vermittler von Wertvorstellungen und Image», sagt Agentur-Geschäftsführer Stephan Kohler. Er hofft, dass die Analyse hilft, diese Rolle zu diskutieren. Generell wenig berichten die Zeitungen über energie- oder klimarelevante Themen wie Spritverbrauch, CO2-Emissionen, alternative Antriebe oder Spritsparmöglichkeiten. Solche Themen nahmen in der untersuchten Publikationen – die grössten nationalen und regionalen Titel in Deutschland – lediglich 17 Prozent am Gesamtumfang der Berichterstattung ein; Alternativen zum individualisierten PW- und Motorradverkehr wie Carsharing, Bus, Bahn oder Fahrrad sogar nur knapp 5 Prozent.

Die detaillierten Ergebnisse der Studie werden am 24. Juni auf dem Jahreskongress der Energie-Agentur in Berlin, der unter dem Motto «Energie effizient Mobil» steht einem breiteren Fachpublikum vorgestellt. (pv.ch)autotester.jpg

Spass auf der Teststrecke – und nach ab ins 5-Sterne-Hotel. (Bild vgg)