Chefredaktoren? Geht doch auch ohne.

Mit Arthur Rutishauser kriegt der Tages-Anzeiger einen Chefredaktor, der bereits einen anderen Job hat. Im Jahr 2016. Und im Sommer 2015 ist er dann drei Monate auch gar nicht für die „Sonntagszeitung“ da. Aber keine Sorge, Chefs sind gar nicht wichtig.

Arthur Rutishauser
Arthur Rutishauser (Pressefoto Tamedia)

Man würde es nicht glauben, nach dem von Schweizer Journalisten aufgeführten Grossdrama um die mögliche Nachfolge von Markus Spillmann als NZZ-Chefredaktor. Aber Chefredaktoren sind überschätzt und haben auch gar nicht so viel Einfluss.

Schreibt einer, der es wissen muss, Ex-SoZ-Chefredaktor Kurt W. Zimmermann. Er nennt sie nichts weniger als „Hampelmänner der bestehenden Betriebskultur“:

„Nur von aussen betrachtet, scheinen wir Chefredaktoren entscheidende Figuren zu sein. Gegen innen haben wir nicht allzu viel zu melden.

Das hat damit zu tun, dass Redaktionen bis heute in antiautoritären Strukturen leben. ­Redaktionelle Kollektive sind Widerstandsblöcke. Anweisungen oder gar Befehle von oben werden ignoriert. Wünsche von Vorgesetzten sind noch knapp zulässig, werden in der Regel aber nicht erfüllt.“

Schaut man sich den Tamedia-Entscheid an, Artur Rutishauser, der bereits eine Zeitung führt, auch noch eine zweite zu unterstellen, dann sieht das auch die Tamedia-Führung so. Was brauchen Zeitungen schon einen Chefredaktor? Die erscheinen doch auch ohne einen immer dann, wenn sie erscheinen müssen.

Ah ja, und kommenden Sommer kommt dann die „Sonntagszeitung“ für ganze drei Monate ohne Chef Rutishauser aus. Weil dieser dann nämlich „eine dreimonatige Weiterbildung mit Schwerpunkt Digital-Journalismus an der Columbia Journalism School in New York absolvieren“ wird. Wird schon gehen ohne Chefredaktor. Hauptsache, die Inserate werden gedruckt, die Journalisten schreiben irgendwas daneben und die Rendite bleibt hoch.

Vielleicht geht es dann irgendwann sogar ohne Inhalte – damit wäre dann auch noch der letzte, lästige Kostenfaktor eliminiert.