Communication Summit von ZPV und ZPRG

Image kann und muss gemacht werden – am Ende aber kann Medien und Öffentlichkeit die wahre Persönlichkeit nicht verheimlicht werden. Das war die Essenz des diesjärhigen Communication Summit der Zürcher PR-Gesellschaft und des Pressevereins.

Swissair-Prozess und Wahljahr – das Thema ist aktuell: Wie werden Wirtschaftsgrössen und Politiker in der Öffentlichkeit wahrgenommen? Dies beschäftigt PR-Leute und Journalisten (auch «siamesische Zwillinge» genannt), also die, die Manager und Regierende beraten und porträtieren. «Alles Image oder was?» war das Thema des Communication Summit 2007 von Zürcher Public Relations Gesellschaft und Zürcher Presseverein. Über 150 PR-Berater und Medienschaffende haben sich zum jährlichen Gipfel in den Hallen der ETH Zürich getroffen. Alexander Niemetz, heutiger Politik-Berater und Ex-Leiter des «heute-journals», referierte. Ein hochkarätiges Podium unter der Leitung von Presseverein-Moderator Reto Lipp erörterte, wie PR und Presse das Image einer öffentlichen Person beeinflussen. Und am vom SV Service gesponsorten Buffet diskutierten die beiden Berufsgruppen danach intensiv.
–> Alle Bilder des Anlasses hier…


Angeregte Diskussion im Audimax der ETH Zürich

30 Jahre lang hat Alexander Niemetz Politikern und Wirtschaftsgrössen beim «heute-journal» den Puls gefühlt. Heute berät er sie. Dem Vernehmen nach auch Kanzlerin Angela Merkel. Und so sagte er natürlich zu Anfang seines Referats: «Image kann man machen, Image muss man machen, Image muss man pflegen.» Er zählte die Berater der Kanzler auf, die Spindoctors im Hintergrund: vom Alt-Nazi (bei Adenauer) über Günther Grass (bei Brandt) bis zur Ehefrau und Journalistin (bei Schröder). Er zeigte die Wandlung auf: Wurde früher Wahlkampf im Parlament und an der Parteiveranstaltung in der Turnhalle gemacht, wurden bald Leitartikler eingespannt, dann alle Medien, und heute sagt einer wie Gerhard Schröder: «Mit und Glotze regiert man Deutschland.» Der Medienkanzler war geboren. Niemetz zeigte in seinem viel gelobten Referat auf, wie Schröder in der ersten Amtszeit bei den Medien super wegkam – trotz miserabler politischer Bilanz: «Er spielte geschickt auf der Klaviatur, das war alles nur Image.» Doch ewig liessen sich die Medien nicht blenden.

Nach vier Jahren merkten sie, dass Deutschland das EU-Schlusslicht bildete beim Wachstum, dass nichts funktionierte, was die Regierung Schröder initiiert hatte, dass seine Partei eine Landtagswahl nach der anderen verlor. Die Loyalität der Presse war weg. Und so kam Niemetz zur Kernbotschaft: Berater können die Stärken eines Mandanten herausarbeiten, sie können seine Schwächen kaschieren – seine Persönlichkeit werden sie nie ändern können. Alles Image oder was? Nein, meinte Niemetz, nicht nur Image machts aus, sondern auch der Inhalt. Eine offensive, optimistische Botschaft, welche die Massen erreicht, muss der Berater mit dem Politiker erarbeiten. Wichtig ist auch gutes Coaching. Niemetz, der Berater grosser Namen in Deutschland, sagte: «Es ist wie beim Fussball: Gegner studieren und trainieren.» Mit letzterem meinte er das Antizipieren der Journalistenfragen sowie den optischen Auftritt vor den TV-Kameras: «Immer auf die Uhr sehen, mit den Augen rollen, wenn der Gegner etwas sagt, wirkt arrogant.» Niemetz sprach frei und kam als gebürtiger Schweizer beim kritischen Fachpublikum gut weg – so gut wohl wie die Politiker, die er berät.
—-


Reto Lipp, Verena Diener, Christoph Grenacher (Alle Fotos: Felix Aeberli)

Jörg Neef, Peter Rothenbühler, Alexander Niemetz

Aufs Podium hatte ZPV-Moderator Reto Lipp zwei Chefredaktoren, zwei Berater und eine Politikerin geladen. Sie diskutierten den Beitrag von PR und Presse zum Image von Wirtschaftsgrössen und Politikern. Das fürs Fachpublikum beruhigende Fazit: Es wird nach wie vor gebraucht, PR-Berater und Medienschaffende sind wichtige Faktoren beim Entstehen des öffentlichen Bildes einer Persönlichkeit. Sonst aber gingen die Meinungen weit auseinander. Die scheidende Zürcher Regierungsrätin und «Stöckli»-Kandidatin Verena Diener befand, persönlich habe sie nie Image-Berater gebraucht, denn sie sei unbelehrbar und komme lieber authentisch als stromlinienförmig hinüber. Ex-SoBli-Chef Christoph Grenacher befand, es gebe Naturtalente wie Jens Alder, die machten auch ohne Berater alles richtig. Berater Jörg Neef meinte, die einen sähen nur aus wie Naturtalente, die hätten gute Beratung gehabt, PR-Berater brauche es unbedingt. «Le Matin»-Chef Peter Rothenbühler war der Meinung, alle Beratung bringe nichts, am Ende komme doch immer das wahre Naturell durch und die 600 Kommunikationsverantwortlichen in der Bundesverwaltung stifteten auch nur Verwirrung.

Beim Publikum kam Rothenbühler am besten an. Er plauderte unbeschwert aus dem Nähkästchen, wärmte genüsslich noch einmal seinen Erfolg im Ehekrieg des französischen Präsidentschaftskandidaten Sarkozy auf – während Verena Diener die Sünde beging, mit den Augen zu rollen, weil sie offenbar mit dem Politiker, dessen Privatleben plötzlich öffentlich gemacht wird, mitlitt. Da erstaunte ihre Aussage, sie werde nach dem Ausscheiden aus der Regierung in die Kommunikation gehen und selbstständige Mediatorin und Beraterin, das Publikum dann doch sehr. Insgesamt waren sich die Profis einig, dass der Einfluss der Medien letztlich beschränkt ist. Die Berater bestanden aber darauf, ihre Arbeit bringe den Mandaten etwas – «sonst würden sie uns ja nicht so teuer bezahlen», lautet ihre Logik. Die Million-Dollar-Question im Business ist im Moment: «Wie verkauf ich mein exorbitantes Managersalär an der Aktionärsversammlung dem Kleininvestor sowie der Öffentlichkeit?» Dieses Problem hat bis heute offenbar noch keiner der teuren Berater zur Zufriedenheit seines Kunden gelöst. Rothenbühler machte dann den humorvollen Schluss: Wen ein Manager scheitere, könne er immer noch Berater werden, das sehe man am Swissair-Prozess, die würden bei der Berufsfrage ja alle «Berater» angeben.
—-
Am Buffet trafen sich PR- und Medienleute dann ungezwungen, aber leidenschaftlich diskutieren – die einen können nicht ohne die anderen, deshalb halten sie jährlich ihren Gipfel. (pv.ch)

–> Alle Bilder des Anlasses in der Web-Gallery des Zürcher Pressevereins…