Abschreiben ist praktisch, geht schnell, und wenn man es richtig macht, merkt es vielleicht nur der Ur-Autor. In der Woz beklagt sich Kollege Göldin über die besonders dreisten „Tages-Diebe“. In der Weltwoche rechtfertigt 20-Minuten-Chef Marco Boselli den Klau einer ganzen Rubrik.
„Du wirst ob meines morgigen Textes erstaunt sein, ich habe viele Informationen deinem Text entnommen. Dein Text war so gut,» schrieb ein Tagi-Redaktor an einen Kollegen bei der Woz. Am nächsten Tag kam der Artikel, ein Politiker-Porträt tatsächlich. Zwar wurde die Quelle im ersten Abschnitt zitiert, doch „von den restlichen 5000 Zeichen waren 2000 abgeschrieben“.
Und weiter geht’s: Ein paar Tage später liess sich der „Tagi“ durch ein Woz-Interview zu einem Fussballer-Porträt inspirieren. Dann ein historischer Artikel. und noch einer aus dem Kulturteil.
An der Werdstrasse weidet man die Woz gerne und gründlich aus, so der Verdacht. „Irritierend, wenn sich eigene Sätze und Gedankengänge in anderen Medien wiederfinden, geschrieben von anderen Menschen, verkauft als deren Eigenleistung“, findet Kolumnist Göldin. Und: „Yeehaw! Wenn Sie heute wissen wollen, was bald im „Tagi“ steht, lesen Sie die Woz.“
Copy and paste – darf man das? „Selbstverständlich darf man“, findet Marco Boselli, Chefredaktor des C&P-Fachblattes „20 Minuten“, das mit dieser Technik mehrheitlich Agenturmeldungen auf die Seiten hievt. „20 Minuten“ kopierte gleich eine ganze Rubrik, nämlich „Darf man das?“, die in der Weltwoche erscheint. „Darf man eigentlich?» heisst sie bei 20 Minuten. Boselli rechtfertigt die Übernahme mit dem Argument, der Inhalt seines Gefässes sei ein gänzlich anderer. „Während bei der Weltwoche dem Leser Experten oder Journalisten auf die modischen oder sozialen Verhaltenssprünge helfen, ist es bei uns «vox populi», die dem Stilsuchenden beratend zur Seite steht – und zwar über eine Online-Abstimmung zur jeweiligen Frage. In dem Sinn haben wir das Weltwoche-Gefäss also höchstens einem crossmedialen Upgrade unterzogen. Was natürlich immer noch besser ist als schlecht erfunden.“
Disclaimer: Die Zitate haben wir per Copy & paste aus der Woz und der Weltwoche übernommen. (pv.ch)