Dammbruch bei den Elektronischen

Scharze Schafe am TV, rote Ohren am Radio? Wenn wahr wird, was eine Kommission will – Wahlwerbespots für Parteien und Komitees – steht uns eine Welle von Realsatire ins Haus. Den elektronischen Trägermedien wird das nicht gut bekommen.

Politische Werbung in Radio oder Fernsehen ist – aus guten Gründen – verboten. Noch. Denn die Staatspolitische Kommission des Nationalrats will, das künftig Werbespots von Parteien und Komitees über den Äther rauschen. Vor eidgenössischen Abstimmungen sollen sie mit Gratis-Spots in Radio und TV für ihre Sache trommeln, notabene zum Nulltarif. Lediglich die Produktionskosten sollen Werbetreibenden selbst tragen.

Nach den Vorstellung der von Andreas Gross (SP, ZH) präsidierten Kommission sollen die Spots von den Sendern der SRG und anderen konzessionierten Radio- und TV-Anbietern, die Gebührenanteile erhalten, ausgestrahlt werden müssen. Alle im Bundeshaus mit Fraktionsstärke vertretenen Parteien sowie die Initiativ- und Referendumskomitees wären berechtigt, ihre Anliegen auf diesem Weg zu verbreiten.

Die Idee ist schon sehr detailliert: Mindestens 15 und höchstens 30 Sekunden sollen die Spots lang sein, die Gesamtdauer beträgt drei Minuten pro Tag und Medium. Ausgestrahlt würden die Spots während drei Wochen bis zum zweitletzten Samstag vor dem Urnengang – im Fernsehen zwischen 18 und 22 Uhr, im Radio zwischen 11 und 14 Uhr oder zwischen 17 und 19 Uhr. Total 63 Minuten politische Werbung droht somit jeweils in jedem der Medien, die Parteien erhalten davon zusammen 50 Minuten, die Initiativ- und Referendumskomitees 13 Minuten.

Die Spots müssten inhaltlichen Mindestgrundsätzen genügen und dürften keine nachweislich unzutreffenden Tatsachenbehauptungen enthalten. Kommerzielle Werbung und das Nennen von Sponsoren wären verboten. Der Nationalrat wird voraussichtlich in der Herbstsession über die Vorlage beraten.

Die SRG, die Interessengemeinschaft elektronische Medien (IGEM) und der Verband Schweizer Presse lehnen das Ansinnen ab. Aber nur halbherzig, sie hätten nämlich gar nichts dagegen, wenn die Parteien und Initianten für den Werbeplatz etwas zahlen würden. Wer je beim Zappen auf deutschen Sendern auf derartige Wahlwerbung gestossen ist, den schüttelt schon jetzt das kalte Grausen. Realsatire pur. (pv.ch)andreas_gross.jpg