Debatte um Rabatte

30 Prozent hier, um die Hälfte günstiger dort. Medienschaffende erhalten bei vielen Firmen Sonderkonditionen. Aber: Sind Presserabatte mit unabhängigem Journalismus vereinbar? Eine TV-Sendung giesst Öl ins klein gehaltene Feuer.

Die Debatte wird selten geführt, und dann meist eher verschämt. Sie kreist um die Frage: Sind Journalisten käuflich, wenn Sie Presserabatte in Anspruch nehmen? Ist die Unabhängigkeit der Berichterstattung in Gefahr, wenn wir dies und jenes günstiger erhalten, nur weil wir mit dem Presseausweis wedeln? Auch der ZPV und sein Dachverband werben unverhohlen mit Vorzugsbedingungen für allerlei Nützliches und Brauchbares. Nachdem letzte Woche das Medienmagazin «Zapp» des Fernsehsenders NDR die Problematik wieder einmal aufgegriffen und das unter Medienschaffenden erschreckend grosse Ausmass des Feilschens um Prozente publik gemacht hat, ist die Diskussion um Ethik und Moral wieder im Gang.

Tausende auf Schnäppchen-Suche
15000 solcher Schnäppchen listet zum Beispiel Peter Diesler auf, der die Datenbank bei journalismus.com füttert. Detailliert steht dort, welche Firma wie viel Prozent gewährt, samt Links, Ansprechpartnern und Telefonnummern. Auch bei Sebastian Brinkmann, der das gleiche bei pressekonditionen.de macht, ist das Interesse enorm: «17000 haben meinen Newsletter abonniert. Viele gehen auch so auf die Seite, 60000 Besucher im Monat», erzählt er freimütig in dem TV-Beitrag.

Privates Erlebnisumfeld
Zu den bekanntesten Preisnachlässen gehören die Vergünstigungen von Autoherstellern, Reiseanbietern und Airlines. Air Berlin etwa erlässt Journalisten bis zur Hälfte des Preises. Pro Jahr werden nach Angaben der Fluggesellschaft mehr als 30000 Tickets zu solchen Sonderkonditionen gebucht, auch aus der Schweiz. Was früher die Swissair tat, die Swiss leider nicht mehr, bei Air Berlin meint man es gut mit unserem Berufsstand: Hans-Christoph Noack, Pressesprecher von Air Berlin gibt zu: «Wir wollen sie mit unserem Produkt bekannt machen und das in einem privaten Erlebnisumfeld». Das Unternehmen verspricht sich davon, dass die Begünstigen «die Fluggesellschaft und ihre Leistungen und ihr Produkt besser einordnen können.» Für dienstliche Flüge gewährt die Firma übrigens keinen Rabatt.

Hotline für Prozente
Der Markt um Presserabatte hat sich derart professionalisiert, dass – wie Air Berlin schon lange – immer mehr Unternehmen spezielle Journalistenhotlines anbieten, Personal für die Abwicklung der Rabatte engagieren und auf Journalisten zugeschnittene Serviceseiten im Internet anbieten. Dieses Fazit zieht Dominik Stawski in einer Studie über das Rabattwesen in Deutschland («Discount für die Unbestechlichen»). Der Volontär bei der Süddeutschen Zeitung hat in einer Umfrage unter 1300 Medienschaffenden herausgefunden, dass drei Viertel aller Journalisten durchaus bereit sind, Spezialpreise zu akzeptieren, die mir ihrer Berufstätigkeit begründet werden.

Erpresste Unternehmen?
Viele Firmen liessen sich von Journalisten regelrecht erpressen, behaupten die TV-Reporter von Zapp. Niemand wolle sein Image aufs Spiel setzen und es sich mit den Medien verderben. Es gebe Kollegen, die «sich Presserabatte erzwingen, indem sie sagen: `Ich berichte dann aber nicht, oder ich berichte dann in einer bestimmten Art und Weise», weiss Klaus-Dieter Altmeppen, Professor für Journalistik an der Uni Professor für Journalistik an der Katholischen Universität Eichstätt-Ingolstadt. Er hält solches Verhalten für rechtlich fraglich. Derartige Auswüchse zeigen laut Altmeppen, «welche Gefahr für die Glaubwürdigkeit und für die Verantwortung des Journalismus in den Presserabatten liegen.» (pv.ch)rabatt.jpg

Wieviel darf es denn sein?