Den Medienbetrieb vorgeführt

Die europaweit in die Schlagzeilen geratene Klassik-Gruppe «Swiss Tenors» hat den mit  Spannung erwarteten Auftritt absolviert. Vom umstrittenen «Natascha»-Song haben sie jedoch lediglich die erste Note gespielt. Medien aus Deutschland, Österreich und der Schweiz waren nach Winterthur gefahren, um in «Das Zelt» die Uraufführung des künstlerisch leicht veränderten Falco-Songs «Jeanny» zu erleben, der so verblüffend auf den Entführungsfall Kampusch passt. Die Tenöre spannten den Bogen von Oper bis Schlager und hielten die Spannung um «Natascha» drei Stunden aufrecht. In Anspielungen erwähnten sie das riesige Medienecho von Dänemark über Berlin und Wien bis nach Korea und die heftigen Reaktionen in Online-Foren und auf Lokalsendern auf das angekündigte «Jeanny»-Remake. Das Konzert ging dem Ende entgegen. Das Publikum forderte Zugaben. Eine, zwei, drei. Dann kam es. Oder eben nicht. Die Sänger erklärten, sie dürften «Natascha» nicht aufführen, weil der Verlag des Original-Songtextes noch nicht entschieden habe, ob er die Rechte herausgebe oder nicht. Der Pianist spielte die erste Note von Falcos 86er-Hit – und ging dann nahtlos zur letzten Zugabe über. Für die «Swiss Tenors» gab es Standing Ovation und Blumen. Lange Gesichter bei den Journalisten. Es war, als hätten ihnen die «Swiss Tenors» den Spiegel vorgehalten. Ihre Schlagzeilen-Versessenheit, die sich blindlings noch auf die kleinste Nebensächlichkeit im Fall Natascha K. stürzt, war ins Leere gelaufen. Die drei Künstler hatten immer deklariert, Gesellschaftskritik zu betreiben. Wohl nicht umsonst hatten sie für die Nicht-Aufführung «Das Zelt» gewählt, das bekannt ist für die Verbindung von Musik und Comedy. Den Medienschaffenden blieb nichts übrig, als noch ein wenig das Publikum an der «Zelt»-Bar zu befragen und dann nach Hause zu fahren. Der RTL-Reporter zu den Tenören: «Aber ihr singt es dann nicht, wenn wir schon weg sind!» (zvg)