Die junge Tante

Mit einem luftigen und frischem Layout beginnt die NZZ den Re-Design-Reigen der grossen Blätter. Der erste Blick auf den neuen Auftritt der Tagesausgabe hinterlässt dennoch einen etwas zwiespältigen Eindruck.

Berufskollegen sind kritische Geister, müssen sie auch sein. Am ersten Morgen mit der NEUEN Zürcher Zeitung fallen die Urteile von Journalistinnen und Journalisten anderer Blätter über das lange angekündigte Re-Design der alten Tante differenziert aus. Wir haben uns beim Zmorgen, im Café und im Raucherstübli einer grösseren Redaktion umgehört.

Die spontane und nicht repräsentative Umfrage ergab zunächst einmal die durchwegs positive Reaktion: «Endlich mal was Neues». Von einem Print-Saurier wie der NZZ erwartet man allerdings keine grossen Sprünge. Zu träge ist wohl der Redaktionskörper, obwohl verjüngt und ausgedünnt. 60 Jahre hat es gedauert, bis ein so radikaler Gestaltungsschritt erfolgte.

Aufwertung des Lokalen
Um so überraschender, dass die vom Kölner Designer Mike Meiré (Brand eins) entworfene Optik doch luftig daherkommt. Viel Weissraum, der beruhigt, mehr Farbe und eine klassische Anordnung von Texten, Bildern und weiteren Elementen. Auch dass es weniger Bünde – nur noch drei – zu halten gibt, wird als positiv angesehen, besonders beim gleichzeitigen Jonglieren von Kaffeetasse, Gipfeli und Zeitungspapier. Als ungewohnt erweist sich noch die Platzierung des Zürich-Bundes, der im Anschluss von Ausland und Inland folgt. Er erfährt damit eine Aufwertung.

Kein grosser Wurf
Nach dem ersten Lob kommen aber gleich auch die Nörgler. Immer wieder wird bemängelt, das sei ja kein grosser Wurf, eher halbbatzig, mutlos. Viel verschenkter Raum, etwa auf der ungewohnt daher kommenden Seite 2. Dass sich Kommentar und Lauftext, etwa zu einem Bericht aus Honduras, typografisch nicht unterscheiden, wird der wohl schon ausgebuchten Kommentarseite angelastet. Und dass das Äussere sich dem Mainstream angenähert hat, sehen viele als Gefahr. Wenn die NZZ aussieht wie das Grevenbroicher Tageblatt und auch nicht viel mehr drin steht, warum dann noch ein teueres Qualitätsblatt kaufen oder abonnieren? Immerhin, der Bruch wird mit breiter Brust vorgetragen, «NZZ – Zeitung für die Schweiz» heisst es nun im Zeitungskopf.

Vermutlich gewöhnt man sich rasch an die neue, alte Tante, meinen viele. Jetzt warten die Kollegen erst einmal, was der Tagi und der Blick zu bieten haben… Da sind wir auch gespannt. (pv.ch)nzz2.jpg