Die Neuen und ihr Qualitätsbegriff

Die «jungen» Chefredaktoren von SoBli, Radio DRS und «Landbote» haben an einer Podiumsdiskussion Einblick in den Redaktionsalltag in Zeiten des Strukturwandels gegeben.

Ein Jahr sitzt Colette Gradwohl auf dem Chefsessel. Damit ist die Chefredaktorin des «Landboten» Amtsälteste in der Runde neuer Chefredaktoren, welche der Verein «Qualität im Journalismus» zur Diskussion ins Ringier-Pressehaus geladen hat. Rudolf Matter von Radio DRS und Marc Walder vom «Sonntagsblick» sind noch etwas jünger im Amt. Vor mehreren Dutzend Medienleuten sind sie von NZZ-Redaktorin Claudia Schoch zu Qualität und anderen Herausforderungen in einer sich im Wandel befindenden Branche befragt worden.

Matter argumentierte aus der relativ bequemen Position des Gebührensenders. Walder ist Nummer 1 im Sonntagsmarkt, der zur Zeit boomt. So schilderte erst einmal Gradwohl, wie der Abwanderung von Inserenten und Lesern zu Gratiszeitungen und ins Internet begegnet wird. Sie setzt auf die Strategie Lokalkompetenz, will den «Landboten» im Raum Winterthur für unverzichtbar machen. Die Qualität sichert sie mit einfachen und effizienten – aber bis anhin offenbar nicht selbstverständlichen – Mitteln wie zentralem Newsdesk und kollegialem Gegenlesen wichtiger Artikel.

Marc Walder erläuterte, wie hoch die Kadenz der Erneuerung geworden ist. Früher habe man das Design alle paar Jahre mit grossem Brimborium
renoviert. Heute befänden sich Printmedien in einem «steten Relaunch», der den Lesern kaum noch mitgeteilt würde. In der Frage der Qualität machte Walder klar: Im Zweifelsfall setzt er auf eine Story, die gesellschaftlich relevant ist, selbst wenn sie kein eigentlicher Primeur ist  – das verkaufe übrigens auch besser. Die Qualität sichert er nicht mit einem Wunderrezept, sondern dadurch, dass ein Text 5 Stationen durchläuft, bevor er ins Blatt kommt. Seien diese gut besetzt, sei das die beste Qualitätsgarantie – man ist so gut wie die Leute, die man hat.

Darauf setzt auch Radio DRS, das nur die Besten einstellen will. Weiter erwähnte Rudolf Matter gute Planung und institutionalisierte Sendekritik. Vor allem aber hat DRS einen Recherchierfonds eingerichtet, drängt es die Korrespondenten aus der warmen Stube in den Alltag hinaus, nimmt es sich zentraler Schweizer Themen wie Energie oder Migration redaktionsübergreifend an.

Einen starken Auftritt auf dem Podium hatte Marc Walder mit dem Aufruf, die gedruckten Medien sollten wieder selbstbewusster werden. Schliesslich würde in der Schweiz immer noch enorm viel Zeitung gelesen, gerade auch von Jungen. Und mit den Internetmedien habe noch kaum ein Medienhaus Geld verdient, ganz im Gegensatz zum Print. (sut.)

Angeregte Diskussion: Matter, Schoch. Walder, Gradwohl (vlnr)

Marc Walder, Colette Gradwohl