Die Wilde geht wieder

Nur selten erhielt eine Radio-Moderatorin so viel Publicity wie Katrin Wilde, deren wesentliches Merkmal ihre hochdeutsche Ausdrucksweise am Dialekt-verseuchten Mainstream-Radio war. Das war auch beim Abgang der 22-jährigen bei Radio Energy nach nur drei Monaten der Fall. Der Ringier-Sender will aus dem Deutsch-Wirbel Profit schlagen und nachlegen. Für die Nachfolge wird die geschliffene Aussprache wiederum ein Kriterium sein.

Nicht nur in den lokalen Medien, nein auch in „grossen“ Blättern wie dem Münchener „Focus“ („Fakten, Fakten Fakten“) gab sie ihre Statements ab, die junge, hübsche Moderatorin, die den Zürchern und Zürcherinnen auf Radio Energy neun Wochen lang in gepflegter Standardsprache einen guten Morgen wünschen durfte. War es zu Beginn noch die Freude über die Anteilnahme an ihrem Arbeitsbeginn, für den sie Begriffe wie ‚Chuchichäschtli’ und ‚Fotzelschnitte’ büffelte, blieb dem Nachwuchstalent aus Saarbrücken zwischenzeitlich – trotz Lob von Bekannten und Heiratsanträgen von Unbekannten – nur noch Konsternation ob der heftigen Reaktionen.

Die Geister schieden sich: Darf ein vorgeblich heimischer Sender des Dialekts unkundige Moderatorenstimmen einsetzen, oder müssen solch schwarze Schafe sofort wieder ausgeschafft werden, fragte sich die Radio-affine Volksseele. Die arme Frau Wilde musste mit ansehen, wie ihr Auto demoliert und in Umfragen ihre Aussprache entwürdigt wurde. Zuletzt traute sie sich angeblich nur noch mit elektronischem Personenschutz aus dem Haus.

Nun also fertig lustig, tschüss Roman und Reto, die Partner vom Katrin in der Morgenshow. Zurück in die Heimat, „aus persönlichen Gründen“, wie ihr Ex-Sender meldet. Und wie beim Start nun auch beim abrupten Ende: Meldungen zuhauf. Da wollen wir nicht Abseits stehen. Die Werbewoche mutmasst hingegen: „Wildes Abgang hat nichts mit zertrümmerten Heckscheiben und Drohschreiben zu tun. Entweder machte ihr das frühe Aufstehen zu schaffen, oder sie konnte sich nicht mit den aalglatten Herren Peritz und Kilchsperger arrangieren. No more energy.“ (pv.ch)