Ein Volks-Bundesrat von „Blicks“ Gnaden

„Blick“ sucht einen inoffiziellen 8. Bundesrat und offeriert ihm für 45 Tage Arbeit im Herbst 2014 50’000 Franken (brutto).

Blick sucht den 8. Bundesrat
Bild: Screenshot derachtebundesrat.blick.ch

50’000 Franken wurden bei Ringier sicher schon dümmer ausgegeben als für jemanden, der während eineinhalb Monate für „Blick“ einen 8. Bundesrat spielt und so für Stoff zur Berichterstattung sorgt. Die Aktion nennt sich zwar „Der achte Bundesrat“, aber in Anlehnung an Germany’s Next Topmodel (GNTM) könnte das Format eigentlich auch Ringier’s Next Frank A. Meyer (RNFAM) heissen. Neben den 50 Riesen (brutto), die zu gewinnen sind, ist der coolste Vorzug des 8. Bundesrats wohl das eigene Büro mitten im Ringier-Newsroom – so kündigt das jedenfalls „Blick“-Chefredaktor René Lüchinger im Video an. Sowas haben sich auch schon Journalisten in Diensten von Ringier gewünscht.

Der Zeitplan ist wie folgt: Gesucht wird vom 1. bis zum 22. März, gecastet am 5. und 6. April, und am 25. Mai wird nach einer 13-tägigen Wahlphase „vereidigt“. Nach einer Sommerpause kommt dann das Coaching:

Ein Team aus Beratern und Journalisten bereitet den achten Bundesrat ab dem 1. August 2014 während zwei Wochen auf seine Amtszeit vor. Vom Rhetorik-Kurs über den Style-Check bis zum Medientraining lernt der achte Bundesrat alles, was es braucht, um ein guter achter Bundesrat des Schweizer Volks zu sein.

Fast kommt man auf die Idee, dass Rhetorik, Style und Umgang mit den Medien alles sei, was es braucht, um Bundesrat zu sein und andere Fähigkeiten eher nicht so wichtig seien. Aber dann denkt man einen Moment nach und erinnert sich daran, dass das die Welt ist, wie „Blick“ sie sieht oder sehen will.

Die Teilnahmebedingungen umfassen 21 Punkte. Punkt 16 macht klar, dass es ein Projekt nach dem Konzept „The winner takes it all“ ist:

Der Bewerber erhält für seine Vorleistungen keine Entschädigung oder sonstige Leistungen. Eine Entschädigung wird nur dem Teilnehmer, der als «Der achte Bundesrat» ausgewählt wird, entrichtet, wobei die Entschädigung Gegenstand einer separaten Zusatzvereinbarung ist.

Die zu gewinnenden 50’000 Franken stehen also nur dem Gewinner des Castings zu, doch Rechte tritt jeder, der mitmacht, ab, wie in Punkt 3 zu lesen ist:

Der Bewerber tritt die ihm aus seiner Mitwirkung am Projekt entstehenden Urheber-, Leistungsschutz- und sonstigen Immaterialgüterrechte vollumfänglich an Ringier ab. An seinen hochgeladenen Profilbildern tritt der Bewerber Ringier das unentgeltliche Nutzungsrecht ab. Dieses umfasst insbesondere das Recht von Ringier, die Bilder während der Projektdauer sowie vier (4) Monate danach mehrfach auf blick.ch und blickamabend.ch zu veröffentlichen, jedoch ohne persönliche Angaben.

Die Aktion ist witzig, Chefredaktor Lüchinger macht im Video einen guten Eindruck, man darf gespannt sein, was weiter passiert. Wenn ich denn nicht im Ausland wohnen würde und mit einer Teilnahme gegen Punkt 1 der Teilnahmebedingungen verstossen würde – ich würde sofort mitmachen. Schade.

Derachtebundesrat.blick.ch

  1. Ich sehe nicht ein, weshalb der ZPV Werbung machen muss für Blick-Aktionen, die weniger mit Journalismus als viel mehr mit Show-Business zu tun haben nach dem Motto: Wir fabrizieren die Ereignisse, über die wir berichten, lieber gleich selbst.

Kommentare sind geschlossen.