Eine Spieler-Natur für den Sonntag

Mit Martin Spieler kommt ein Mann mit ausgeprägtem Ego und einem grossen Leistungsausweis an die Spitze der „Sonntagszeitung“.

Ein Blogger wird Chef der “Sonntagszeitung” und löst damit den durchaus soliden, aber leider mit den Jahren etwas amtsmüde und zuweilen dünnhäutig gewordenen Andreas Durisch ab. Ob Martin Spieler tatsächlich eine gute Wahl ist für die vielleicht wichtigste – und nach dem SoBli auflagenstärkste – Sonntagszeitung im Land, wird sich zeigen. Aber man darf von frischem Wind ausgehen, wenn einer ans Ruder kommt, mit dem kaum einer gerechnet hat. In der Branche galt das Schweizer Familien-Oberhaupt Daniel Dunkel als Kronfavorit.

Spielers quantitativer Leistungsausweis ist eindrücklich. Während rund um ihn herum die meisten Zeitungen massive Einbrüche erlitten, steigerte er die verkaufte Auflage seiner “Handelszeitung” von 2005 bis 2009 von 30545 auf 43940, um satte 44 Prozent. Das grosszügige Plus von 44 Prozent resultiert allerdings zu einem guten Teil aus übernommenen Abos der eingestellten Zeitung “Cash”.

Es fragt sich auch, ob er etwas anderes kann als Wirtschaft, aber für eine Sonntagszeitung mit publizistischem Anspruch ist es sicher schon mal nicht schlecht, wenn er wenigstens das kann. Als irritierend empfinden viele seine (zu) nahe Verbindung zur Finanzwirtschaft. Und böse Zungen munkeln, die Einsetzung von Spieler sei eine reine Sparmassnahme, da er vom Leitartikel über den Blog bis zu den Interviews alles selbst macht. Tatsächlich ist Spieler sehr aktiv, wie man seinem Profil entnehmen kann. Ein wenig Spiel(er)-Trieb kann die SonntagsZeitung jedenfalls gebrauchen. (pv.ch)