Fliegerangriff überstanden, 1. Mai nicht

Minenfelder in Bosnien, Messerstecherei im Kosovo, Fliegerangriff auf dem Golan, alles hat Stefan Tabacznik überlebt. Im Kreis 4 aber wird der Tagesschau-Moderator und Redaktor durch einen 1.-Mai-Pflasterstein ausser Gefecht gesetzt. Presseverein.ch hat mit dem in Ausübung seiner Pflicht Verletzten gesprochen.

PV.CH: Wie geht es dir jetzt?
Tabacznik: So la la. Manchmal ist mir noch «trümlig» oder schlecht. Ich arbeite aber auf Zusehen hin.

Was genau ist passiert?

Ich berichtete mit einer Kamera-Equipe in Zürich über die Nachdemo am 1. Mai. Zivilpolizisten stoppten uns. Als ich nach dem Presseausweis griff, sah ich nicht, wie Pflastersteine flogen. Einer traf mich an der Schläfe. Reflexartig, wie ich es als Mediensprecher der Armee im Kosovo gelernt hatte, tauchte ich auf den Boden. Dann war ich ein, zwei Sekunden weg. Danach erst bemerkte ich Blut und Schmerz.

Klingt nach Krankenhaus.
Ein Notarzt kümmerte sich um mich, brachte mich sofort ins Triemli. Die machten eine Computertomographie und alles Nötige. Auf dem Nachhauseweg schaute ich aber nochmals bei der Equipe vorbei.

Der Beitrag konnte am Abend also trotzdem über den Sender?

Genau, als Teil einer grösseren Berichterstattung.

Denkt SF nun daran, seine Reporter mit Helmen auszustatten?

Das wäre kontraproduktiv. Auch in Krisengebieten gilt: Bloss nicht auffallen, sonst zieht man die Gefahr nur an.

Du warst schon an manchem internationalen Krisenherd.

Ja, Kosovo, Bosnien, Naher Osten. Wie alle Journalisten. Verletzt worden bin ich nie, Probleme gabs schon. Das Schlimmste war, als wir in einen Napalmangriff auf dem Golan gerieten. Zum Glück fanden wir Deckung. Heiss wurde es auch, als wir mit der UCK unterwegs waren. Als Armeeangehöriger im Kosovo wurde es bei der Schlichtung eines bewaffneten Streits einmal so brenzlig, dass ich die Pistole zücken musste.

Wie viel riskierst du, um eine gute Story nach Hause zu bringen?
Bewusst würde ich mich nie an Leib und Leben gefährden, aber als Reporter weiss man, dass immer mal etwas passieren kann.

Hat dir Ingrid Deltenre Blumen geschickt?
Sie weiss wahrscheinlich nicht, was mir passiert ist. Meine direkten Chefs haben sich aber um mich gekümmert.

Tabacznik hat auch in Zukunft vor, über Demos und Unruhen zu berichten. (sut.)