Frank A. Meyer: „Menschen mag ich, auch Menschen, die anders denken“

Interviewer Frank A. Meyer wird 50 Minuten lang von Hannes Britschgi interviewt – in der nach 17 Jahren letzten Sendung SonntagsBlick Standpunkte im Schweizer Fernsehen. Von den Kollegen wünscht sich Meyer mehr Argumente gegen seine Artikel und weniger persönliche Kritik.

Screenshot sf.tv

Nach Berlin, in die, wie „junge Leute sagen, die angesagteste Stadt der Welt“, hat es ihn nicht etwa gezogen, weil er in der Schweiz viel verloren hat, wie Britschgi vermutet, sondern, weil er sich in die Stadt sozusagen verliebt hat. Es scheint, sie hat sich auf ihn wie ein Jungbrunnen ausgewirkt: Als Mann und die 60 angekommen, fühlte er sich, umgepflanzt, gleich wieder wie 40.

Überhaupt möchte Meyer, dass die Arbeitskraft der Menschen über 60 mehr geschätzt wird, denn diese hätten meist noch eine grosse Power (er schrieb kürzlich darüber). Das stimmt, diese Power strahlt Meyer definitiv aus, je länger das Gespräch dauert, desto mehr kommt er in Fahrt. Trotzdem ist es bezeichnend, dass Britschgi und Meyer während fünfzig Minuten nicht auf die Idee kommen, über das Internet zu reden und über die dadurch ausgelösten, bahnbrechenden Veränderungen für die Medienbranche und den Journalismus.

Obwohl das Interview unter Ringier-Mitarbeitern geführt wird, stellt Hannes Britschgi die eine oder andere kritische Frage, so zum Differenzierungsvermögen von Meyer, was den Islam betrifft. Ab Minute 23 wird der vielbeschworene Einfluss von Meyer auf Verleger Michael Ringier diskutiert. Den in den letzten Jahren zu immer mehr Macht gekommene Marc Walder nennt Meyer einen „absoluten Glücksfall für Ringier“.

„Der Boulevard fordert hohe Intellektualität“, sagt Meyer, der selbst Porträts und Kolumnen geschrieben hat sowie als publizistischer Berater tätig war. Natürlich lugt dem stets farbenfroh angezogenen Meyer auch in diesem Interview ein Tüchlein aus der Brusttasche, diesmal in den schönsten Hippie-Farben. Und, als hätte man es nicht geahnt:

„Ich liebe Menschen. (…) Menschen mag ich, auch Menschen, die anders denken. (…) Ich bin neugierig. Ich bin eigentlich nicht neugierig auf’s eigene Denken, sondern auf’s andere.“

Man kann sagen, was man will, aber ohne Meyer wäre die Schweizer Medienlandschaft ein Stück grauer.

Das ganze Gespräch hier:

SonntagsBlick Standpunkte vom 09.12.2012