Der Presse-GAV der Westschweiz garantiert Sicherheit und Fairness für Journalistinnen und Journalisten. Tamedia mit Edipresse und Ringier sind Partner in diesem GAV. Solche klaren Verhältnisse braucht es endlich auch in der Deutschschweiz und im Tessin. impressum schickt deshalb den Verlegern von Schweizer Presse eine deutsche Übersetzung des GAV der Romandie zu – verbunden mit der Aufforderung zu GAV-Verhandlungen mit impressum und syndicom.
Im Westen viel Neues: Heute – am 1. Juli 2011 – tritt der revidierte Gesamtarbeitsvertrag (GAV) für die Medien der Westschweiz in Kraft. impressum und der Verlegerverband Médias Suisses haben ihn gemeinsam ausgehandelt und den neuen Anforderungen der Branche angepasst. Was in der Romandie Realität ist – eine funktionierende Sozialpartnerschaft –, muss auch in der Deutschschweiz und im Tessin wieder möglich werden. Denn die wirtschaftlichen und gesellschaftlichen Bedingungen der Medien sind in der welschen wie der deutschen Schweiz gleich. Nach zum Teil harten Restrukturierungen schreiben die meisten Verlage wieder schwarze Zahlen. Und die beiden grössten Deutschschweizer Medienhäuser – Tamedia (mit Edipresse) und Ringier – sind Vertragspartner der Convention collective de travail (CCT), wie der Westschweizer GAV heisst. Von ihnen erwartet impressum besonders, dass sie sich auch in der Deutschschweiz zur Sozialpartnerschaft bekennen. (Den Wortlaut des CCT und weitere Dokumente dazu gibt es hier: http://www.impressum.ch/impressum/de/Geld-und-GAV/cctdeutsch.html
In der deutschen Schweiz und im Tessin gibt es seit genau sieben Jahren keinen Presse-GAV mehr. Für die Journalistinnen und Journalisten waren es sieben magere Jahre: Viele verloren ihre Stelle, die Löhne stagnierten oder schrumpften, während die Arbeitsbelastung – auch wegen der neuen Online-Medien – deutlich stieg. Am schlimmsten traf es die freien Journalistinnen und Journalisten: Ihre Existenz ist heute akut gefährdet durch Dumpinghonorare und Knebelverträge, die ihnen die Urheberrechte rauben. Der erfahrene und unabhängige Journalist Karl Lüönd sagte dazu an der heutigen impressum-Medienkonferenz: «Fairness für freie Journalisten wäre ein gutes Geschäft!» Für manche Verleger mag sich der vertragslose Zustand finanziell scheinbar gelohnt zu haben. Doch auch die Unternehmen haben viel Zeit und unnötiges Geld mit Arbeitskonflikten und hohen Fluktuationen verloren, weil die Rechtssicherheit und das Vertrauen fehlten, die ein GAV gewährleisten kann.
Es gibt zwar Gratiszeitungen – aber Gratisjournalismus gibt es nicht. Journalismus, der diesen Namen verdient, ist Qualitätsarbeit. Diese hat ihren Wert und ihren Preis. Das wissen auch die Verleger. Nicht nur die grossen Schweizer Konzerne haben in diesem Jahr die Absicht bekundet, wieder mehr in den Journalismus zu investieren. Der beste Weg dazu führt über einen GAV, das deutlichste Zeichen einer funktionierenden Sozialpartnerschaft. Das gilt nicht nur für angestellte, sondern besonders auch für freie Journalistinnen und Journalisten. Dazu Karl Lüönd: «Eine branchenverbindliche Marktordnung scheint – schon als Orientierungshilfe für die Gutwilligen unter den Verlegern – nötig zu sein, vor allem was Urheberrechte, Rechtsschutz, Sozialversicherungsfragen, Schutz für Ideen, Modellregelungen für Fixvergütungen, Minimalgarantien usw. betrifft.»
impressum hat deshalb am 1. Juli den Verlegern und ihrem Verband die deutsche Übersetzung der CCT Romandie geschickt – als Denkanstoss und als Beweis, dass Sozialpartnerschaft in der heutigen Medienlandschaft Schweiz keine Utopie ist. Wir erwarten, dass der Verband Schweizer Medien an seinem Flimser Kongress von Mitte September die Weichen stellt, um mit dem Journalistenverband impressum und der Gewerkschaft syndicom noch in diesem Herbst GAV-Verhandlungen aufzunehmen. Mehr Infos auf www.impressum.ch
Weiterer Bericht zum Thema: Sozialpartnerschaft – Einen GAV gibt’s nur ohne Lebrument (Medienwoche.ch)