Heuchelei über Schanghai

Dass die Stadt Zürich einem TeleZüri-Mann die Reise nach China ermöglicht hat, reicht dem Tages-Anzeiger für eine merkwürdige Schlagzeile.  

Pressereisen und andere Vergünstigungen für Medienschaffende sind eine heikle Sache. Man redet nicht gerne darüber. Nimmt sie und schreibt. Der Tages-Anzeiger bemüht sich, hin und wieder ein wenig Transparenz zu schaffen und fügt zum Beispiel unter PR-Texten seiner Industrie-nahen Autojournalisten die Zeile an «fuhr auf Einladung von Autokonzern xyz das neue Modell in Rio de Janeiro». Auch bei Tourismus-Berichten, wo der werbliche Eindruck oft kaum kaschiert wird, findet sich der Vermerk gelegentlich, aber längst nicht immer.

Jetzt aber regt sich der Tagi mit grosser Schlagzeile auf über eine Einladung der Stadt Zürich an einen TeleZüri-Reporter und einen Vertreter von Radio DRS auf, es ging an die Expo nach Shanghai. Zwei Beiträge hat TeleZüri gesendet, das wie der Tages-Anzeiger zu Tamedia gehört. An der Weltausstellung in Shanghai wirbt Zürich unter anderem für die 2000-Watt-Gesellschaft und für das Züri-Wasser.

Tagi-Schreiber Stefan Häne mokiert sich darüber, dass für die Fernsehzuschauer der braven Clips über Stapi Corinne Mauch und ihren Auftritt in der chinesischen Metropole die Zuschauer nicht über die finanziellen Aspekte der Reiseberichterstatter ins Bild gesetzt wurden. Die Stadt Zürich hat dem Journalisten von TeleZüri den Flug «geschenkt» sowie drei Übernachtungen im Swissôtel bezahlt. Das Flugbillet stammt aus einen Kontingent der Stadt, das sie von der Swiss für Shanghai erhalten, aber nicht ausgeschöpft hatte. Hat sie sich die Stadt damit eine genehme Berichterstattung erschlichen? Senderchef Markus Gilli verneint, es habe keinerlei Bedingungen gegeben, man habe frei berichten können.

Da lohnt sich doch der Blick auf andere Pressereisen. Die Stadt Basel hat zum gleichen Anlass gleich vier Journalisten mitgenommen und ihnen drei Nächte im Swissôtel bezahlt. Das «Regionaljournal» von Radio DRS war ebenfalls dabei, konnte und wollte die Kosten aber dank gut gefüllter Gebührenkasse selbst bezahlen. Erst letzte Woche hat Swatch nach Shanghai eingeladen. Die mitreisenden Journalisten durften – gegen wohlwollende Berichterstattung und natürlich kostenlos – den weiten Weg machen. Diese Woche hat Investor Viktor Vekselberg einen ganzen Pressetross nach Moskau eingeladen. Natürlich kommt der Milliardär für die Kosten auf.