Welches Hütchen haben Sie denn auf?

Fragen wird man ja wohl dürfen. WeWo-Gesellschaftsreporter Andreas Kunz will es genau wissen. Schon hagelt es Proteste.  

· Sind Sie Mitglied einer politischen Partei? Und wenn ja, in welcher?
· Waren Sie jemals Mitglied einer politischen Partei? Und wenn ja, in welcher?
· Waren Sie jemals auf eine andere Art und Weise politisch aktiv? Und wenn ja, wie?
· Sind Sie oder waren Sie jemals Mitglied in einer wirtschaftlichen Vereinigung oder einem
· NGO? Und wenn ja, in welcher?
· Sind Sie oder waren Sie jemals aktives Mitglied in einer gewerkschaftlichen Vereinigung? Und wenn ja, in welcher?
 
Die Recherchen von Andreas Kunz in Kreisen des Staatsfunks SRF haben eine eindeutige Richtung. Sie soll belegen, was uns das Wochenblatt unter Roger Köppels Führung seit Wochen weis machen will. Wer bei Radio und Fernsehen arbeitet, muss eine «linke» Gesinnung haben und zum journalistischen Mainstream gehören, so der Tenor der laufenden Artikelserie oder Kampagne, je nach Standpunkt.

Logisch, dass das nicht allen gefällt: Die kleine Umfrage der Weltwoche-Redaktion bei SRG-Journalisten, greife «in die Privatsphäre und die verfassungsmässig garantierten Freiheitsrechte der Journalisten ein», klagen die drei grossen Berufsverbände Impressum, SSM und Syndicom. Mit den Fragen und den selbst gegebenen Antworten darauf mache Kunz «die falsche Gleichung, dass jeder Journalist seine professionelle Arbeit nach seinen persönlichen politischen Präferenzen ausrichtet», heisst es in einem Communiqué der Verbände zur Sache (Brief an Journalisten 2.03.2011). Sie fragen ihrerseits: «Wo sind da die Grenzen? Müssen sich in Zukunft Journalisten auch über ihre Religion ausweisen, weil auch religiöse Fragen Gegenstand der journalistischen Arbeit sind?»

Ein Kollege von der Werdstrasse möchte zunächst einmal die Antworten der gesamten WeWo-Redaktion sehen. Die Recherche wäre viel glaubwürdiger, wenn klar werde, wie viele Redaktoren Mitglied der SVP sind. Aber er zeigt auch Verständnis für das Interesse, das er mit dem Fragesteller Kunz teilt: «Ich möchte gerne wissen, welche politischen Hintergründe die jeweiligen Redaktionsmitglieder des SF haben.»

Die Verbandsfunktionäre jedenfalls finden, dass «die neue Story, welche die Weltwoche in Arbeit hat, die Fairnessregeln deutlich überschreitet». Die Weltwoche gebe vor, Transparenz herstellen zu wollen. «Es sei daran erinnert, dass ausgerechnet bei der Weltwoche die finanziellen Hintergründe alles andere als offen und klar sind.»

Anlass für die Umfrage der Weltwoche ist übrigens der Wechsel von SF-Moderator Matthias Aebischer zum Nationalratskandidaten der SP. Als einst Bundeshausredaktor Norbert Hochreutener für die CVP und Anton Schaller für den LDU in den Nationalrat wechselten, als der damalige SF-Chefredaktor Filippo Leutenegger für die FDP in den Nationalrat wechselte und seither in gefährlicher Nähe zur SVP politisiert, gab es – zu Recht – keine Folgerungen und Diffamierungen, die Redaktionen der SRG seien einseitig bürgerlich ausgerichtet. Aber Fragen stellen wird man wohl dürfen, oder?

Ironie der Geschichte: Weder Radio noch Fernsehen berichten von der gleichentags stattfindenden Debatte des Parlaments über Umfragen der SRG und die Möglichkeit der Manipulation mit selbigen, eingereicht von SVP-Wachung Mörgeli (dazu der Tagi-Bericht, Titel: Umfragen sind ein Ärgernis).