«Ich wurde behandelt wie ein bewaffneter Schwerverbrecher: Es war Sadismus pur!»

Die Strafanzeige von Klaus Rozsa gegen die Zürcher Stadtpolizei wird noch diese Woche eingereicht. Der Fotograf leidet nach der Verhaftung durch zwei Polizisten an Schluckbeschwerden und Schmerzen an einer Hand. Im Interview mit presseverein.ch zeigt Rozsa auch die Rechte von Medienschaffenden auf.

Eigentlich wollte der bekannte Zürcher Fotograf Klaus Rozsa nur seinen Beruf ausüben. Als er am letzten Freitag den Polizeieinsatz im Zürcher Hardturm dokumentierte, wurde er von zwei Polizisten aber brutal abgeführt.

Klaus, hast Du gegen die Zürcher Stadtpolizei nun Anzeige eingereicht?

Die Strafanzeige wird noch diese Woche bei der Staatsanwaltschaft durch RA Regula Baehler eingereicht. Hauptpunkte sind: Amtsmissbrauch, Freiheitsberaubung, und Nötigung (Art. 181 StGB: durch Gewalt, Androhung ernstlicher Nachteile oder andere Beschränkung der Handlungsfähigkeit jemanden dazu bringen, etwas zu tun, zu unterlassen oder zu dulden).
 
Hast Du Dich bei Deiner Verhaftung als Fotografen zu erkennen gegeben?

Ja, widerholt und immer wieder wenn neue Polizisten dazu gekommen sind. Insbesondere habe ich auch den Einsatzleiter der später auf dem Platz erschienen ist, darauf aufmerksam gemacht, dass ich Medienschaffender bin, und als solcher ein Zeugnisverweigerungsrecht besitze, weshalb meine Unterlagen versiegelt werden müssten. Alles ohne Erfolg.
 
War die Verhaftung tatsächlich so brutal?
 
Ja. Mir sind noch nie so brutale und absolut unnachgiebige Polizisten begegnet. Und ich mache den Job seit über dreissig Jahren und habe im In- und Ausland wohl an die 500 Polizeieinsätze erlebt. Ich bin 54 und da turnen zwei Polizisten eine halbe Stunde auf mir rum, drücken, drehen und quetschen und ziehen die Handschellen auf dem Rücken so fest an, dass ich an der rechten Hand heute noch Gefühlsausfälle habe. Mir wurde meine Goldkette vom Hals gerissen, ich habe Schluckbeschwerden, da ein Polizist mich am Hals würgte (siehe Bild)  Ich wurde behandelt wie ein bewaffneter Schwerstverbrecher, und das vor Augen meiner Frau. Das ist Sadismus pur.
 
Offenbar konnte Deine Frau weiter fotografieren. Wie gelang ihr dies?

Meine Frau hat mit meiner Kamera, die ich ihr zugeworfen habe weiter fotografiert. Sie hat sich extrem professionell verhalten, wurde dann aber auch bedroht. Auch sie hat ihren BR-Ausweis gezückt wurde daraufhin zu Boden gerissen und flüchtete mit der Kamera. Auch sie versuchte mit dem Offizier vor Ort zu sprechen, der sich daraufhin wegwandte. Auch sie verlangte, dass jemand von der Pressestelle der Stadtpolizei zu rufen sei. (Im Dienstreglement der STAPO steht klipp und klar:  «Bei Schwierigkeiten oder Meinungsverschiedenheiten mit Medienvertretern ist immer ein Angehöriger des Zentralen Dienstes Presse/lnformation beizuziehen.»)
Heute habe ich ein Mail von einem Redaktor erhalten der erst auf dem Platze erschienen ist, als ich bereits gefesselt auf dem Boden lag. Auch er bestätigt, dass er trotz Vorweisen seines Presseausweises aufgefordert wurde, den Platz zu verlassen, sonst werde er festgenommen.
Der Redaktor schrieb: „Ich stand dann weg, weil diese Polizisten extrem nervös wirkten und ziemlich ohne Kontrolle, und es deshalb auf mich wirkte, dass ich – Reglement hin oder her – sofort auch festgenommen werde.“
 
 
Du wurdest insgesamt 1 1/2 Stunden festgehalten, hast Du auch die Polizisten auf der Wache darauf aufmerksam gemacht, dass Du im Hardturm als Fotojournalist unterwegs warst?

Ich bin davon überzeugt, dass es länger gedauert hätte, wenn nicht mehrere Personen telefonisch bei der Polizei interveniert hätten. Ich habe fast schon gebetsmühleartig auch auf der Hauptwache zu aller erst verlangt, es sei jemand von der Pressestelle bei zu ziehen. Erfolglos. Quittiert wurde meine Aussage, ich sei  Journalist etc. höchstens mit Gelächter und dem Hinweis ich solle meine „Schnurre“ halten.
 
Denkst Du, dass die Verhaftung etwas mit Deiner Person zu tun hatte, oder ist das Klima zwischen Polizei und Medienleute generell rauer geworden?
 
Ja und nein. Zu aller erst ging es wohl darum, den einzigen Anwesenden Fotojournalisten an der Dokumentation eines völlig hirnrissigen, gefährlichen und brutalen Polizeieinsatzes zu hindern. Als sich dann herausstellte, dass dieser Fotograf auch noch „der Rozsa“ ist, gab es kein Halten mehr. 

Am Schluss des Interviews bittet Klaus Rozsa noch um eine Schlussbemerkung:
Immer wieder höre ich von KollegInnen, dass sie am Fotografieren gehindert werden, dass sie von Polizeibeamten weg gewiesen werden. Ich denke, es ist ganz wichtig, dass die Dienstanweisung der STAPO breit bekannt gemacht wird: Sie ist eine gute Zusammenfassung der gesetzlichen Grundlagen und der gültigen Rechtsprechung fürs Fotografieren und immerhin eine für Polizeiangehörige (theoretisch) verbindliche Dienstanweisung!

(pv.ch)

                    
Medienschaffende im Würgegriff der Polizei: Verhaftung von Klaus Rozsa am 4.7.08. In diesem Jahr wurden mehrere Medienschaffende festgenommen. Im Januar/Februar anlässlich der Anti-WEF Demonstrationen in Basel und Bern. Und in Bern anlässlich eines Polizeieinsatzes im Rahmen der EURO.                                          

      (Bild: photoscene mehr Bilder vom Polizeieinsatz gibt es hier)