Gemäss Bundesgericht muss eine Journalistin der „Basler Zeitung“, die 2012 einen Cannabishändler porträtiert hatte, den Quellenschutz preisgeben.
Diese Woche war die „Basler Zeitung“ gleich zweimal in den Schlagzeilen.
Einerseits reagierte das Bau– und Verkehrsdepartement Basel-Stadt auf einen Bericht der „Basler Zeitung“ mit einer Auflistung von Fakten (PDF-Datei).
Und andererseits wegen einer SDA-Meldung, die von der „Tageswoche“ mit dem Titel „BaZ-Autorin muss Dealer verpfeifen“ überschrieben wurde.
Das Bundesgericht in Lausanne entschied, der Quellenschutz gelte nicht für einen Cannabishändler namens „Roland“, über den Nina Jecker von der „Basler Zeitung“ Ende Oktober 2012 geschrieben hatte.
Warum? Der Artikel trage „kaum zur Erhellung eines Missstands bei“, kurz, das Interesse der Öffentlichkeit sei kleiner als das Interesse der Strafverfolgungsbehörden:
Wie die Beschwerdeführerin zu Recht geltend macht, bietet dieser vielmehr einem Dauerdelinquenten eine kostenlose Werbeplattform und kann sogar als Einladung verstanden werden, es dem Interviewten gleichzutun, um auf einfache Weise zu einem Zusatzverdienst zu gelangen.
Journalist Dominique Strebel sieht das ganz anders. Der Entscheid sei vielmehr ein fatales Signal:
Dieser Entscheid des Bundesgerichts führt zu grosser Rechtsunsicherheit und wird weit über diesen Einzelfall hinaus Wirkung haben: Die Medien werden sich zwei Mal überlegen, Recherchen auch nur in der Nähe solcher Themenbereiche anzustellen.
Der Nutzen der BaZ-Berichterstattung dagegen sei beträchtlich:
Man reibt sich die Augen, wie verbreitet und normal mit Cannabis gedealt wird. Man erhält einen überraschenden Einblick in eine versteckte Welt: Türsteher, Schreiner, Informatiker beziehen beim Hanf-Dealer „Roland“ Cannabis. Selbst ein Zahnarzt vertickt offenbar nebenbei Gras. Das löst bei den Lesern Erstaunen aus und regt zum Nachdenken an. Zentrale Wirkungen von gutem (Recherche-) Journalismus.
Impressum schreibt dazu:
Der Entscheid ist ein empfindlicher Einschnitt in die Pressefreiheit und könnte künftig ein erhebliches Hindernis für investigativen Journalismus werden. impressum ist der Auffassung, dass der Entscheid das Redaktionsgeheimnis gemäss Bundesverfassung Art. 17 Abs. 3 verletzt, ebenso wie den Quellenschutz gemäss Art. 28a Strafgesetzbuch.
Und auch die in Brüssel ansässige European Federation of Journalists hat einen Protestbericht verfasst („EFJ Slams Swiss Court for Ordering Journalist to Testify against Source“).
Die „Basler Zeitung“ nimmt das Urteil nicht hin und zieht es weiter an den Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte (EGMR) in Strassburg.
Nachtrag, 16 Uhr: Anwalt Martin Wagner erklärt in einem Interview, warum die „Basler Zeitung“ das Urteil an den EGMR weiterzieht.