Keine ständige Nobelsuite mehr für führende Ringier-Publizisten

Der Ringier-Verlag gibt seine Suite im Berner Fünf-Sterne-Hotel „Bellevue Palace“ auf. Sind die guten Zeiten des Journalismus nun endgültig vorbei?

Die Junior Suite Superior im Bellevue Palace Bern für 786.60 Franken die Nacht (Bild: bellevue-palace.ch)
Die Junior Suite Superior im Bellevue Palace Bern für 786.60 Franken die Nacht (Bild: bellevue-palace.ch)

Die „Sonntagszeitung“ berichtete gestern, dass der Ringier-Verlag per Ende 2012 seine Luxus-Residenz im Bellevue Palace aufgibt. Und warum? Aus Spargründen!

Wie Reza Rafi schreibt, war diese Suite eng mit dem inzwischen nach Berlin abgewanderten Frank A. Meyer verbunden:

Die Suite steht für den Aufstieg der Ringier-Blätter und ihres Politjournalisten Frank A. Meyer in Bundesbern. Das Bellevue wurde zu Meyers Trutzburg und Wirkungsstätte, von wo aus der Zampano einen direkten Zugang zu Leitwölfen wie SP-Präsident Helmut Hubacher oder SVP-Bundesrat Adolf Ogi aufbaute. Bei Politaffären wie dem Fichenskandal liefen die Fäden in Meyers Gemach zusammen. Dort empfing er Persönlichkeiten wie Helmut Schmidt. Dass sein Balkon auf derselben Höhe der Bundesterrasse lag wie jene der beiden Bundesräte im Verteidigungs- und im Volkswirtschaftsdepartement, war bezeichnend.

Hannes Britschgi, der die Suite nach Meyer erbte, antwortete auf die Frage, warum er denn die (gemäss Britschgis Worten „brach“ liegende) Suite in Bern brauche (Interview mit dem „Schweizer Journalist“, 2010):

„Der Verleger will mich dort.“

Jetzt offenbar nicht mehr.

Oder es ist den Beteiligten bewusst geworden, dass es etwas unangemessen sein könnte, wenn führende Publizisten aus dem Verlag in Berner Luxushotels residieren dürfen, während nicht führende Publizisten aus dem Verlag gemeinsam in Newsrooms arbeiten dürfen.

Vielleicht ist gar nicht alles verloren für den guten Journalismus, wenn Journalisten nicht in extrem teuren Hotelzimmern schlafen.