Kriminelle Energie

Der Jurist und Beobachter-Redaktor Dominique Strebel schaut bei der neusten Polizei-Statistik und den Berichten einmal mehr genau hin.  

«Alle Jahre wieder kommt die Kriminalitätsstatistik der Kantonspolizeien. Und alle Jahre wieder schreiben die Journalisten von Zunahme oder Abnahme der Kriminalität», schreibt Dominique Strebel in seinem Justiz-Blog. Dumm nur, dass es dabei bloss um bei der Polizei Anzahl der eingegangene Anzeigen geht.

So hiess es letzten Mittwoch im Tagi, dass im Kanton Zürich nicht nur die Jugendkriminalität, sondern auch die Gesamtzahl der Delikte deutlich zurückgegangen sei. «Man könnte meinen, der Autor stütze sich auf eine statistische Auswertung von Urteilen», kritisiert Strebel.

Die polizeiliche Kriminalstatistik nicht nur im Kantons Zürich erfasst die Zahl der eingegangenen Anzeigen. «Ob diese Anzeigen zurückgezogen werden, zu Freisprüchen führten, zu Einstellungen aus sonstigen Gründen oder zu Verurteilungen interessiere die Medien nicht.» Man schreibe lieber «fröhlich vom Rückgang der Delikte». Kaum ein Journalist oder eine Journalistin kenne heute diese groben Unterschiede überhaupt noch. Selbst die Schweizerische Depeschenagentur mache mit bei der unzulässigen Verkürzung der Zusammenhänge.

Der Blick in die Medienpräsentation der Kantonspolizei Zürich zur Kriminalstatistik zeige allerdings, so der aufmerksame Beobachter, dass die Polizei dem Irrtum selbst Vorschub leistet. Sie spricht konsequent von der Entwicklung der Kriminalität im Kanton Zürich, obwohl sie bloss die Zahl der Anzeigen auswertet. «So gesehen sind die Medien einfach PR-Opfer der Polizei.»

Kleiner Trost: Die irregeleiteten Polizeireporter verhalten sich wenigstens konsequent: «Wenn die Anzeigen steigen, schreiben sie von der Zunahme der Kriminalität und wenn die Zahl der Anzeigen sinkt, schreiben sie von Rückgang. Zwei Fehler gleichen sich manchmal aus.»