Der Verlegerpräsident meint, die Krise sei vorbei. Warum denn das?
An der Verlegertagung in Pontresina hat Hanspeter Lebrument überraschend erklärt, für ihn sei die Krise vorbei.
Die vielen Journalisten, die aufgrund des Medienwandels ihren Job verloren haben und verlieren werden, sehen das sicher anders. Und auch für den NZZ-Medienredaktor Rainer Stadler ergibt so eine „Vogel-Strauss-Politik“, die sich nicht mit den echten Problemen beschäftigen will, keinen Sinn.
Bild: William Warby unter cc-by
Das Publikum sei nicht so blöd, als dass es den Qualitätsverfall nicht selbst bemerken würde:
Die Folgen der Sparmassnahmen der vergangenen Jahre sind unübersehbar. Die Zahl der verfügbaren Medienkanäle hat sich zwar laufend erhöht, aber die Ressourcen, die zur Herstellung entsprechender Inhalte zur Verfügung stehen, sind umgekehrt proportional geschrumpft. Die branchenüblichen Lobpreisungen der Qualität dienen meist bloss als Feigenblatt für die reale Jagd nach dem kurzfristigen Gewinn. Richtmass bleiben allzu oft die elektronischen Impulse, welche die TV-Fernbedienungen und die Computermäuse ins Mediensystem jagen. Dem kritischen Publikum sind diese Entwicklungen nicht verborgen geblieben. Man fragt sich allerdings, ob die Verbandsvertreter dieses Publikum wirklich für so dumm halten, dass es die verlegerische Vogel-Strauss-Politik nicht durchschauen würde.
Interessant ist auch, was Stadler zur Neigung schreibt, Kritiker als „irrelevant“ abzutun. Er vergleicht es mit der „Kabinettspolitik aus dem 19. Jahrhundert, als man seine Interessen und Themen vor allem hinter den grossen Bühnen durchzusetzen versuchte“:
Wenn ein Verband, dessen Unternehmen wesensmässig um Herstellung von Öffentlichkeit bemüht sind, derart handelt, erscheint dies besonders grotesk. Nur nach staatlichen Privilegien wie einer Entlastung von der Mehrwertsteuer zu rufen, genügt nicht. Es sollte ebenso die Bereitschaft erkennbar sein, sich den Kritikern und den Problemen öffentlich zu stellen.
„Vogel Strauss im Herbstwald“ (nzz.ch, Rainer Stadler)