Meister des Fachs statt Glanz und Glamour

Ein engagiertes Plädoyer für die „Holzmedien“, abgegeben von ZEIT-Chef Giovanni di Lorenzo, die Laudationes für die vier diesjährigen Preisträger und eine gelungene kabarettistische Einlage waren die Höhepunkte der Verleihung des Zürcher Journalistenpreises 2008.

Die Gästeliste der 27. Verleihung des Journalistenpreises wartet mit über 100 illusteren Namen aus der Branche auf. (–> zur Bildergalerie) Die Politprominenz, Stars und Sternchen sind dafür dünner gesät, als in anderen Jahren. Noch vor dem Eingang zum Bernhardtheater kreuzen am frühen Donnerstagabend Publizist Roger de Weck und SVP-Nationalrat Hans Fehr ihre rethorischen Klingen. 

Im Saal Platz genommen, hat bereits Alt-Bundesrätin Elisabeth Kopp. Esther Hildebrand vertritt den Kantonsrat, Fiametta Jahreiss den Gemeinderat. Der Stadtrat entsandte seine Sprecherin Daniela Sgier. CVP-Nationalrätin Katy Ricklin wird gesichtet, während Beat Schlatter und Roger Köppel nur auf dem Papier auftauchen.

Gastreferent und Chefreadktor „Die Zeit“ Giovanni di Lorenzo bricht eine Lanze für die Printmedien und ihre Glaubwürdigkeit: „Das habe ich gerade in der Zeitung gelesen“, sei der Wahrheitsbeweis. „Das habe ich gerade im Internet gelesen“, wirke genau gegenteilig. Mit 10 Geboten für die „Holzmedien“, zeichnet er die Chancen auf: „Noch nie hat ein neues Medium ein altes verdrängt – aber verändert.“ Genau dazu tragen die vier Preisträger bei.

Rainer Stadler, seit 20 Jahren Berichterstatter über die Medien bei der NZZ ist der jüngste je gekürte Empfänger für das Gesamtwerk. „Mein erster Preis und schon fürs Lebenswerk, ob das ein Wink mit dem Zaunpfahl ist?“, fragt sich der noch nicht 50-Jährige.

Constantin Seibt, ausgezeichnet für die Serie „Der Swissair Prozess“ im Tages Anzeiger sagt: „Seit 20 Jahren reiche ich Beiträge ein, bei diesem Thema war klar, dass es endlich klappt. Die Freude ist riesig, macht aber auch melancholisch. Wie wenn man mit 18 versucht eine Frau zu verführen und sie erst mit 42 ins Bett kriegt.“

Den Nachwuchspreis trägt Daniel Ryser zur WOZ heim, die seinen Artikel eingereicht hat: „Hätte man mich gefragt, welche meiner Arbeiten preiswürdig ist, diese hätte ich genannt.“

Anja Jardine hat in der Kategorie Zeitschrift im NZZ-Folio gepunktet. Seit drei Jahren in der Schweiz vergleicht sie die Verleihung des Journalistenpreis mit ähnlichen Feiern in ihrer deutschen Heimat: „Wunderbar reell, ohne üppiges Rahmenprogramm, das den Austausch unter Berufskollegen verhindert.“

Das Programm ist kurz, prägnant und schnörkellos, souverän führt Stiftungsrätin Esther Girsberger duch den kurzweiligen Abend. Kaum ein Requisit verstellt den Blick aufs Wesentliche mit Kabarettist Fabian Unteregger. Nur Tages Anzeiger Chefredaktor Peter Hartmeier kommt ins Schwitzen, als er parodiert wird. „Zuerst bekam ich fast einen Herzinfarkt, war total perplex und wie auf Nadeln“, beschreibt er das Gefühl. Kaum an sich gewöhnt, fragt er die Sitznachbarin: „Wirke ich wirklich so?“ Die Antwort ist Ja.

Unteregger gesteht, auch für ihn sei es ein seltenes und seltsames Ereignis einen Intonierten im Publikum zu sehen. Beim Apéro danach schwärmt Nationalrat Hans Fehr über Untereggers Darstellung von Christoph Mörgeli. „Besser macht er nur noch den Moritz Leuenberger.“ (Barbara Weber-Ruppli)

                  
              So strahlen Gewinner: Rainer Stadler, Anja Jardine,
                    Constantin Seibt und Daniel Ryser
(vlnr)            
                                 (Bild: Felix Aeberli)

Die ausgezeichntenen Beiträge der Preisträger sowie die Würdigungen der Jury finden sich in der Broschüre zum Zürcher Journalistenpreis –> www.zh-journalistenpreis.ch