Mut von Meckel

Das Ende des Qualitätsjournalismus ist nahe. Ganz nahe. Schreibt Mirjam Meckel in der FAZ. Die präzise Analyse der St. Galler Professorin zur gegenwärtigen Verlagsmisere zeigt auf, wohin die Reise geht: «Die Zeitung der Zukunft wird zwei Gesichter haben: ein gedrucktes und ein vernetztes.» Schnelle Nachrichten aus dem Newsroom ins Internet, Hintergründiges und Recherchen auf teures Papier.

Die Frau ist gescheit und gefragt, und darum auf allen Kanälen präsent. Kolumnen hier, Interviews dort. Am liebsten breitet sie aber ihre Gedanken ungefiltert aus. In der Frankfurter Allgemeinen Zeitung, dem Flaggschiff deutschsprachiger Edelschreibe, lässt sie sich aus über den Niedergang von Qualitätstitel. Als nächstes wird es die New York Times «lupfen», deren Cash-Vorrat dahinschmilzt wie der Schnee von Weihnachten. «Der Qualitätsjournalismus stirbt, wenn die Zeitung stirbt», jammern seine Macher, hat Meckel gehört.

Mit ihm gehe ein ganzes Milieu unter: die «Informations-Bohème». Diese «lose Gruppierung unangepasster Informationsjunkies», die so gut zum Internetzeitalter passe und doch «fast anachronistisch» nicht aufs Zeitungslesen verzichten will. «Mit der Zeitung unter dem Arm ins Café, zum Termin oder auf den Zug, darin steckt nicht nur der analoge Zugang zu Aktualität und Wissen, darin spiegelt sich ein Selbstentwurf. Und da diese Gruppe sich gerne selbst spiegelt, auch medial, beeinflusst sie in überproportionaler Intensität den öffentlichen Diskurs über das angebliche Ende der Zeitung.»

Die Zeitung der Zukunft werde zwei Gesichter haben, postuliert die St. Galler Kommunikations-Professorin: ein gedrucktes und ein vernetztes. Die Aktualität wandert unweigerlich ins Internet, weil es schneller ist und nichts kostet. Die Nutzerzahlen belegen es, diese Art von Informationen such und findet man heute auf den Newssites, vor allem der Verlage. «Deshalb ist das Konzept der ‚Newsrooms’, das sich nun überall durchzusetzen beginnt, für diese Art des Journalismus perfekt. Für diese.»

Die andere Art des Journalismus wird weiter mit und für das Papier arbeiten, prognostiziert Meckel. Geschichten, die «recherchiert, korrigiert, gegengelesen, überarbeitet, also weiterhin in einem aufwendigen Prozess entstehen», werde man weiterhin in Zeitungen und Zeitschirften lesen, am Kiosk kaufen oder sich im Briefkasten holen.

«Die gedruckte Zeitung ist ein episches Medium. Sie berichtet ausführlich narrativ, sie darf etwas Grosses aus einer Kleinigkeit heraus erzählen, sie muss eine Meinung haben, Positionen entwickeln und den Mut, sie auch zu vertreten.» Diejenigen, die sie produzieren tu dies mit «professionellem Ethos und Leidenschaft». Dafür bekommen sie von ihren Verlegern Geld, Zeit und Platz. «Bei der Zeitungslektüre verweilt der Leser dort, wo sein Interesse besteht oder geweckt wird durch eine spannende und gut geschriebene Geschichte.» Danke Frau Meckel, macht Mut, tut gut. (pv.ch) meckell_m.jpg

Mirjam Meckel (mirjammeckel.com)