Wolfgang Blau ist Chefredakteur von „Zeit Online“ und einer der wenigen in Deutschland, die den Online-Journalismus vorantreiben, verteidigen und besser machen. Für die Serie „Wozu noch Journalismus?“ hat er einen herausragenden Text geschrieben, der sich jeder durchlesen sollte, der sich Gedanken macht über den Medienwandel.
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Im Text wird erklärt, warum dem Journalismus ein „goldenes Zeitalter“ bevorsteht, warum es weniger hauptberufliche Journalisten geben wird, warum sich Verlegerverbände wie wildgewordene Bären gebärden, die von einer Wespe gestochen wurden, warum soziale Medien einfacher zu erlernen sind als ein Redaktionssystem, warum es absurd ist, zu fragen, ob Twitter eine vertrauenswürdige Quelle ist und warum gerade öffentlich-rechtliche Online-Medien neue Ideen austesten sollten.
Zum durch das Internet aufgehobene Monopol der Journalisten schreibt er:
Journalismus ist keine exklusive Profession mehr. Journalismus ist zu einer Aktivität geworden, die nur noch von einer Minderheit professionell ausgeübt wird. Ob ein Journalist professionell ist, bemisst sich nicht mehr daran, ob er mit seiner Arbeit Geld verdient, sondern allein daran, ob er professionelle Standards einhält, etwa in der Sorgfalt und Fairness seiner Recherche und der Qualität seiner Sprache.
Darin liegt für viele Redakteure – junge, wie alte – eine Kränkung. Aber stellen Sie sich vor, Sie würden gerne Musik machen, jedoch in einer fiktiven Welt leben, in der Musikinstrumente so unbezahlbar teuer sind, dass Sie nur als Mitglied eines Berufsorchesters die Chance hätten, jemals Geige oder Trompete zu lernen. So ähnlich sah die Welt des Journalismus vor nur etwa fünfzehn Jahren aus. Journalist war in der Regel nur, wer das Privileg hatte, für einen Sender, ein Printmedium oder eine Nachrichtenagentur zu arbeiten.
Dieses Monopol der alten Medien-Institutionen auf journalistische Produktionsmittel und Vertriebswege wird nicht mehr wiederkehren. Während wir aber selten einen Profimusiker dabei ertappen werden, dass er die Mehrheit der Laienmusiker öffentlich verunglimpft und ihre Verdienste für die Musik abstreitet, begehen verunsicherte Journalisten und Medienmanager alter Schule diesen Fehler heute regelmäßig. Die öffentliche Beschimpfung des Internet wurde zur trotzigen Mutprobe einer ganzen Branche.“
„Dem Journalismus geht es erstaunlich gut“
(sueddeutsche.de, Wolfgang Blau)