Nun müssen wir Journalisten auch noch progammieren

Das jährliche «Mediapodium» der Journalistenschmiede MAZ hat sich mit dem befasst, was Medienschaffende künftig so alles zu leisten gewillt sein müssen.
Hugo Bigi

Entgegen dem Namen war das «Mediapodium» kein Podiumsgespräch, sondern, wie es sich für eine Schule gehört, ein Zusammenspiel von lustvoll Dozierenden und artig Fragenden. Auch dass die Dozierenden gut halb so alt waren wie die Fragenden, erstaunte bei diesem Thema nicht: «Was müssen Journalisten in Zukunft leisten und können?»

Wolfgang Blau via Skype

Die Antwort, wir ahnen es: eine ganze Menge. Den Tarif gab Wolfgang Blau durch, Chefredaktor der Online-Ausgabe der «Zeit». Als Vergleich zum veränderten Anforderungsprofil zog er tatsächlich den Wandel in der Kriegsführung heran: Der moderne Soldat müsse auch flexibler sein und ganz neue Kompetenzen mitbringen. Die Journalisten-Soldaten bei der «Online-Zeit» sollten entsprechend 24 Stunden verfügbar sein (um Leserkommentare zu beantworten), ihre privaten Social-Media-Accounts für die «Online-Zeit»-User öffnen, auf der «Online-Zeit»-Site Privates offenlegen («Das fördert die Transparenz.») und allgemein eine Menge von neuen Fähigkeiten mitbringen, bis hin – im Ernst – zu Programmierkenntnissen.

Jemima Kiss, Technologieredaktorin beim «Guardian», brachte dann die Beispiele an Toys, mit denen der moderne Medien-Soldat aufgerüstet wird. Gemäss dem MAZ-Blogger hörten 95 Prozent der «Mediapodium»-Besucher zum ersten Mal vom meisten davon.

Jonathan Hewitt

Da war die Keynote aus dem Elfenbeinturm, gehalten vom englischen Professor für modernen Newspaper-Journalismus Jonathan Hewitt, geradezu entspannend. Er sprach vom «Data-Journalism» und pries ein südafrikanisches Lokalblättchen, das er kürzlich besuchen durfte, das seinen Lesern viel lokalen Service per SMS bietet.

Trotz unserer Bissigkeit und zugegebenermassen leichten Zuspitzung war das «Mediapodium», mit dem MAZ-Direktorin Sylvia Egli von Matt der Branche regelmässig Impulse liefert, hoch interessant. Quintessenz: Unser Berufsalltag wandelt sich rapide, es sieht aber alles danach aus, als würde der Beruf in Zukunft noch aufregender.

Sylvia Egli von Matt

Mal sehen, ob alle Etablierten mitziehen können. Wie sagte Wolfgang Blau doch so schön: «Bei jeder Revolution geht ein Teil der herrschenden Elite lieber unter als sich zu verändern.»

Präsentiert wurde der Anlass von Tele-Züri-Mann und MAZ-Dozent Hugo Bigi. Den Medienschaffenden (vor allem denen bei SF1 und bei Pendlerzeitungen) hielt Komiker Michael Elsener den Spiegel vor.

Michael Elsener

  1. Vielen Dank für diese launige Zusammenfassung. Fürs Protokoll dann aber
    doch noch eine nüchterne Anmerkung: Um zu illustrieren, dass nicht nur
    die Medien-Branche sondern auch viele andere Bereiche unserer
    Gesellschaft durch das Internet enormen Veränderungen unterworfen sind,
    habe ich die Veränderungen in der Energiebranche (Smart Grid, User
    Generated Energy) und das Messewesen (Un-Conferences) als Beispiele
    erwähnt. Anschließend nannte ich noch die Militärdoktrin der „Network
    Centric Warfare“ als einen weiteren, nicht-journalistischen Bereich der
    Gesellschaft, in dem das Internet ebenfalls deutliche Spuren
    hinterlässt. Es wurden aber keinesfalls Soldaten mit Journalisten
    verglichen und es wurde auch nicht gesagt, dass Journalisten 24h am Tag
    via Social Media verfügbar sein sollten. Und falls Sie die Frage,
    weshalb Journalisten von Programmierkenntnissen profitieren könnten,
    ernsthaft interessiert, empfehle ich Ihnen zum Beispiel diesen Text im
    TIME-Magazine, der auch schon wieder ein Jahr alt ist. http://bit.ly/5IHOKEbenfalls einen Blick wert: Das Blog http://www.datenjournalist.de
    Mit herzlichem Gruß nach Zürich, W. Blau

Kommentare sind geschlossen.