NZZ-Chefredaktorposten nicht mehr lebenslänglich

NZZ-Chefredaktor Markus Spillmann legt überraschend seine Arbeit per Ende Jahr nieder, und das, obwohl er noch gar nicht 62 Jahre alt ist. Der NZZ-Chefredaktorposten ist also auch nicht mehr lebenslänglich. Zum Glück.

Markus Spillmann
Foto: Pressefoto NZZ

Benedikt XVI. war der erste Papst seit Coelestin V. 1294, der auf eigenes Begehren abdankte. Weil er sich den Job aus Altersschwäche nicht mehr zutraute. Es war eine Sensation.

Und auch gestern waren die Zürcher Journalisten von der Nachricht über den mutmasslich nicht ganz freiwilligen Abgang von Markus Spillmann überwältigt. Liest man die SDA-Meldung dazu, so hat man fast den Eindruck, auch ein NZZ-Chefredaktor habe die Pflicht, bis mindestens 62 im Job zu verbleiben:

Dass jemand den NZZ-Chefredaktoren-Posten vorzeitig verlässt, ist nicht üblich. Spillmanns Vorgänger, Hugo Bütler (1985-2006), Fred Luchsinger (1968-1984) und Willy Bretscher (1933-1967), waren bei ihrem Rücktritt alle 62-jährig oder älter.

Das ist natürlich Quatsch, im Gegenteil: Es wäre sehr schön, wenn Spillmanns Abgang mit 47 Jahren einigen Sesselklebern ein Vorbild wäre. Manchmal kann ein echter Wandel nur in Gang kommen mit frischen Leuten an der Spitze. Und mal ehrlich, es gibt auch ein Leben ohne Chefredaktorstitel, vielleicht sogar ein besseres.

Wer ihm nachfolgt, ist noch offen. Auch wenn der Job von Spillmann mit viel Prestige verbunden ist: Es ist einer der härtesten Jobs der Schweizer Medienbranche, denn man steht unter Druck von allen Seiten, und eigentlich kann es ein NZZ-Chefredaktor niemandem recht machen. Auch Spillmann stand unter dem Druck von mannigfaltigen Sehnsüchten, die sowohl Leser als auch Mitarbeiter mit der NZZ verbinden. Jeder hat eine besondere Beziehung zu dieser Marke, und jeder weiss natürlich am Besten, wie der Laden geführt werden muss, damit alles gut und richtig kommt. Es ist ein bisschen so, wie der Trainerjob der Fussball-Nationalmannschaft – da glaubt auch jeder zu wissen, wie es geht.

Markus Spillmann sich redlich bemüht, die unvereinbaren Ansprüche miteinander zu versöhnen und hat die NZZ ein Stück weit in die Zukunft geführt – den einen ging es zu schnell, den anderen zu langsam. Nun denn. Soll es sein Nachfolger erst mal besser machen.