Presserat warnt: Information in Gefahr

Der Schweizer Presserat will dem Grundsatz einer klaren Trennung von redaktionellem Inhalt und bezahlter Werbung zu mehr Beachtung verhelfen. Ungeachtet der Entwicklung des Machtverhältnisses zwischen Inseratekunden und Medien sei die deutliche Abgrenzung für die Glaubwürdigkeit der Medien unabdingbar, sagte Presserats-Präsident Peter Studer an der Jahrespressekonferenz des Selbskontrollorgans.

Was Verlagsleute und Inserateverkäufer naturgemäss ganz anders sehen, will der Presserat in den Medien hochhalten, die „Chinesische Mauer“ zwischen Redaktion und Verlag: „Jegliche Bedingungen von Seiten der Inserenten, die sich auf den redaktionellen Teil beziehen, sind von den Redaktionen strikt zurückzuweisen. Die Freiheit der Redaktion bei der Auswahl der redaktionellen Themen und Gegenstände ist auch bei Lifestyle-Berichten vollumfänglich zu gewährleisten“, postuliert der Presserat. Die berufsethischen Regeln würden dabei auch für die Ausarbeitung und Veröffentlichung von Berichten gelten, die Konsumgüter vorstellen und beschreiben.

An diese Grundsätze erinnert der Presserat in einer anlässlich seiner Jahrespressekonferenz veröffentlichten Stellungnahme zu einer Beschwerde des Vereins „Info en danger“. Dieser hatte sich im April 2006 gegen die stetig zunehmende Vermischung von redaktionellen Inhalten und Werbung an den Presserat gewandt. Gestützt auf exemplarische Beispiele aus den Titeln „Le Matin Bleu“, „20 Minuten“, „Le Temps» und „Le Matin“ beklagte sich die Westschweizer Vereinigung darüber, „man erhalte zunehmend den Eindruck, Versandkataloge statt Zeitungen zu lesen“. Der Presserat nahm die Beschwerde zum Anlass, sich mit dem Problem grundsätzlich auseinanderzusetzen und führte im Herbst 2006 Hearings mit verschiedenen Experten durch.

Bestätigt wurde dabei offenbar der Eindruck, dass sich „die Beziehungen zwischen Redaktionen und Inserenten in jüngster Zeit wesentlich verändert haben“, unter anderem wegen Rückgang des Werbevolumens, dem Aufkommen der Gratiszeitungen, der Entwicklung des Internets, aber auch, weil „Produktemarken und der Konsum als kulturelle Erscheinung insbesondere bei der jungen Generation stark an Bedeutung zugenommen haben“.

Der Presserat begrüsst deshalb den im Januar 2007 zwischen der Konferenz der Chefredaktoren, den Verlegerverbänden sowie dem Bund der Schweizer Werbeagenturen vereinbarten „Code of Conduct“ mit Empfehlungen zum Umgang mit bezahlter Werbung, die diese Trennung sicherstellen sollen. Darin heisst es, dass die Leserschaft durch eine klare optische und begriffliche Kennzeichnung insbesondere auch bei sog. Publireportagen transparent darüber zu informieren sei, welche Inhalte bezahlt und welche redaktionell verantwortet sind. Ebenso ist bei gesponserten Medienberichten die freie Themenauswahl und -bearbeitung durch die Redaktion zu gewährleisten und ist der Name des Sponsors transparent zu machen. Schliesslich warnt der Presserat auch davor, dass die zunehmende unkritische Präsentation von Konsumgegenständen, Nennung von Produktemarken und Wiedergabe von Werbslogans in der redaktionellen Berichterstattung erhebliche Gefahren für die journalistische Unabhängigkeit und die Glaubwürdigkeit der Medien birgt.

Im Jahr 2006 bewegte sich das Beschwerdevolumen und die veröffentlichten Stellungnahmen des Presserats im Rahmen der Vorjahre. Im Vordergrund standen Verstösse gegen die Wahrheit und die Wahrheitssuche, der Missbrauch der Meinungs- und Kommentarfreiheit, Verletzungen der Privatsphäre, des Diskriminierungsverbots sowie – wenn auch etwas weniger häufig als in früheren Jahren – die unterlassene Anhörung bei schweren Vorwürfen. (pv.ch)