Prinz Eisenhut beleidigt?

Der Co-Chefredaktor des «Tages-Anzeigers» ist mit einer Beschwerde an den Presserat abgeblitzt. Markus Eisenhut sah sich als Opfer einer Medienkritik, die ein ehemaliger Tagi-Medienkritiker verfasst hatte.

Talk-Shows mögen langweilig sein, besonders die Sonntalkliche Runde auf Tele-Züri. Die immer gleichen Gesichter, ödes Geschnöde, hülsige Wortbeiträge, fädiges Gelaber. Hin und wieder aber gibt es kleine Highlights, Ausrutscher, Eklats, Absurdes. Das nehmen dann die Kollegen gerne auf, bringt der Sendung ein wenig Publizität. Ein Ausrutscher ist Markus Eisenhut passiert, halber Chefredaktor beim «Tages-Anzeiger», als er letzten Oktober an einer Quasselrunde zur Regierungsratswahl teilnahm.

Reale Machtverhältnisse
Darüber berichtete Kurt-Emil Merki in der Zeitung «Sonntag»: Einen «merkwürdigen TV-Auftritt» von Eisenhut sah er und schrieb: Dieser «frontal auf den Zürcher SP-Star und Medienliebling Daniel Jositsch» losgegangen, der in der Sendung mitdiskutierte. Er habe diesem vorgeworfen, «nicht über einen ausreichenden Rucksack für den Job eines Regierungsmitglieds» zu verfügen. Anspruch auf den freien Sitz im Zürcher Regierungsrat habe die SVP. «Mangelnde Sachkenntnis zeigte Eisenhut – immerhin Vertreter der wichtigsten Zürcher Regionalzeitung – bei der Diskussion über die realen Machtverhältnisse im Kanton Zürich. Nach seiner Attacke gegen die Versager-Regierung musste er vom Nationalrat Jositsch darauf hingewiesen werden, dass das Ungenügen keineswegs den Linken angelastet werden könne. Denn: Sowohl im Parlament als auch im Regierungsrat verfügt die bürgerliche Rechte über Mehrheiten.»

Soweit die vom Presserat zitierten Auszüge aus dem Bericht von Kurt-Emil Merki, der bis 2003 während 20 Jahren im Dienste des «Tages-Anzeigers» über Medien und ihre Gefässe berichtete und sich damit seinen Ruf als scharfzüngiger Beobachter erworben hat.

Niedrige Beweggründe?
Eisenhut, wegen der «mangelnden Sachkenntnis» offensichtlich in seiner Ehre getroffen, gelangte an das Aufsichtsorgan der Schweizer Presse. «Es macht den Anschein, es sei dem Autor einzig und allein darum gegangen, mich herunterzumachen», schrieb Eisenhut. Der Presserat wies nun die Beschwerde des Co-Chefredaktors ab (wie auch alle anderen gleichzeitig behandelten Beschwerden). «

Mit dieser Wertung bewegt sich Kurt-Emil Merki innerhalb des weit zu ziehenden Rahmens der Kommentarfreiheit», heisst es in der Erwägung des Presseratspräsidium. Es schützt damit den Grundsatz, dass eine formale oder inhaltliche Ungenauigkeit aus Sicht der Leserschaft erst eine gewisse Relevanz aufweisen muss, damit  Ziffer 1 der «Erklärung der Pflichten und Rechte der Journalistinnen und Journalisten» verletzt wird. (pv.ch)
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Eisenhut und Merki