Programmieren – ein Muss für Journalisten?

Vor ein paar Tagen kündigte Ringier-CEO Marc Walder, dass seine Führungskräfte ein Grundverständnis fürs Programmieren entwickeln müssen. Gehört das Coden bald zum Standard-Repertoire von Journalisten?

Im Interview mit dem Branchenportal persoenlich.com, erklärte Ringier-CEO Marc Walder, weshalb seine Führungskräfte die Schulbank drücken müssen: «Ringier macht 65 Prozent seines Ebitdas mit digitalen Geschäftsmodellen. Höchste Zeit also, zumindest ein wenig mehr über Programmieren zu lernen und erfahren.»

In den Genuss dieser Weiterbildung kommt das sogenannte Ringier Group Executive Board – was das auch immer heissen mag. Auf jeden Fall betrifft es die oberste Führungsebene, die so ein besseres Verständnis für die Entwicklung von Websites und Apps erlangen soll.

Sich mit Code auseinandersetzen

Man mag das Betreben von Walder als utopisches Geschwätz abtun, doch er hat Recht. Die Weiterbildung müsste sogar ganz unten – in der Redaktion – beginnen. Dass dabei aus den Journalistinnen und Journalisten vollwertige Programmierer werden, ist natürlich nicht das Ziel.

Doch tatsächlich bringt ein Grundverständnis für die Strukturen und Gesetzmässigkeiten im Code einige Vorteile mit sich. Insbesondere die Kommunikation mit Entwicklern wird einfacher, wenn man eine ungefähre Ahnung von ihrer Arbeit hat. Das funktioniert übrigens auch auf dem umgekehrten Weg: die Programmierer sollten eine Idee vom Journalismus haben, um zielgerichtet entwickeln zu können.

Der digitale Journalismus ist dann am effektivsten, wenn er interdisziplinär erarbeitet wird: Entwickler und Journalisten arbeiten eng zusammen, brechen den 0815-Artikel auf und erbringen mit Multimedialität und Interaktion echten Mehrwert gegenüber der gedruckten Zeitung. In dieser Kooperation können Toolboxes wie «Q» der NZZ schneller und besser entwickelt werden.

Das Wissen um die technischen Mechanismen hilft auch in der täglichen Anwendung von den unzähligen Tools. Eine interaktive Grafik von Datawrapper oder eine Timeline von Knightlab lässt sich zwar auch ohne Kenntnisse erstellen, doch mit einem grösseren Know-how wird die Nutzung nochmals kreativer. Ausserdem ist es unglaublich mühsam, wenn man jedesmal zu einem Kollegen rennen muss, wenn man einen Tweet oder ein <iframe> in den Artikel einbetten will…

Einfach lernen

Am Anfang fürchtet man sich vielleicht vor den kryptischen Hieroglyphen, widerstrebt dem Gedanken, sich stundenlang damit auseinanderzusetzen. Doch das Programmieren muss kein mühseliger Lernprozess sein. Empfehlenswert ist etwa die kostenlose Codecademy. Hier lernt man in einfachen Schritten verschiedene Programmiersprachen – samt sinnvollem Aufbau und spielerischen Elementen. Das Erfolgsgefühl bleibt garantiert nicht aus.

Also ist Programmieren ein Muss? Um es kurz zu sagen: Ja, zumindest ein wenig.

Ich wünsche fröhliches Coden!