Qualität der Medien – Die Kommentare

Was die Forscher um Uni-Professor Kurt Imhof herausfanden, blieb nicht ohne Widerhall. Die Bemerkungen der Zürcher Leitmedien zur Studie des Forschungsbereichs Öffentlichkeit und Gesellschaft (fög).

Im Tagi bemüht sich Res Strehle, der eine von zwei halben Chefredaktoren, um Ausgewogenheit: „Die Besorgnis über den Zustand der Schweizer Medien ist verständlich, aber unbegründet. Ihr Begriff von Qualität und Vielfalt ist zu eng…. Was früher besser schien, war einfach anders…. Aber nicht unbedingt besser. „Natürlich droht den Qualitätstiteln Gefahr, wenn ihre Leserschaft und Anzeigenerträge weiter zurückgehen sollten… Das Interesse an vertiefender Information scheint ungebrochen. Gelingt es diesen Titeln, ihr Angebot via die neuen Technologien nicht nur zu verschenken, sondern auch zu verkaufen, so braucht man sich um ihre Zukunft keine Sorge zu machen“. Leider gelingt das den genannten Titeln nicht und wird es auch nicht, möchte man anfügen. Res Strehles Kommentar gratis auf dem Tagi Newsnetz…

Rainer Stadler, Medienjournalist der NZZ, beschreibt den Inhalt der Studie schnell und knapp noch am Tag ihrer Veröffentlichung. Die ausführliche Fassung und den dazu gehörenden Kommentar hält er aber der zahlenden Kundschaft vor, sie erscheinen – ganz im Sinne Strehles und Imhofs – nur in der gedruckten Ausgabe. „Im Wirbelsturm“ steht über Stadlers Kommentar. Darin ist vom „Affentheater“ die Rede, das „die Berichterstatter um Belanglosigkeiten machen“, und von „bis zur Unkenntlichkeit verzerrten Sachverhalten“. Es folgt aber auch – wie beim Tagi –  die Analyse: „Früher war nicht alles besser“. Denn: „Der heutige Journalismus handelt frecher, flexibler und weniger regierungshörig.“ Dabei leiste „die abonnierte Presse immer noch demokratiepolitische Knochenarbeit“. Stadlers Fazit: „Die Informationsvermittler haben ein ernsthaftes Ressourcenproblem.“ Und: „Sie stehen ziemlich ratlos vor den drängenden Fragen.“ Ratlos suchen wir nach Stadlers ganzem Kommentar, immerhin ein paar Kommentare des Publikums gibt es zur trockenen Gratis-Meldung auf nzz.ch

Mediumsgerecht ignoriert hat der Blick das Jahrbuch, das die Hauptübel der angeblichen Misere in Boulevardisierung und Gratispresse sieht. Immerhin einen träfen (Privat-) Kommentar hat ein leitender Blick-Mann abgesondert, die drei Buchstaben w t f und ein passendes Bild dazu. Das Akronym dürften die jugendlichen Leser des „Blick am Abends“ verstehen, den Zusammenhang wohl weniger. Hier der unverschwurbelte Kurzkommentar (dargereicht von infamy)…

(pv.ch)

Links: Das vollständige Jahrbuch der Forschungsgruppe online (gratis). Das gedruckte Buch zu kostet knapp 100 Fr. und ist bei Schwabe  erschienen, ein E-Book (Preis noch offen) soll noch erscheinen. Kommentare dazu gibt es auch beim Medienspiegler. (Fotovermerk: Analytiker Kurt Imhof an seinem geordneten Arbeitsplatz, fotografiert von Progostiker Claude Longchamp, Zoon Politicon)

Update I:
Auch Peter Rothenbühler meldet sich zu Wort, in der SonntagsZeitung:  „Deine Studie provoziert mich zum Widerspruch. Du behauptest, was alle Professoren seit Gutenberg predigen: Die Qualität der Medien lässt nach… Ich wette, du liest Zeitungen gratis (weil von der Uni abonniert). Und deine Studie muss einfach gut sein. Denn sie war ja nicht gratis.“

Update II: Kurt Imhof selbst meldet sich noch einmal zu Wort, beim Medienspiegler…:  „Die Schweiz hat eine grossartige publizistische Tradition in drei grossen Sprachregionen mit einer Geschichte hervorragender Zeitungen die mit ihrer journalistischen Qualität auch einst den Standard für ein gutes öffentliches Radio, später das öffentliche Fernsehen bildeten. Diese Tradition ausgezeichneten Journalismus ist in einer tiefen Krise.“ Vier Massnahmen brauche es, damit alles wieder besser wird, mein Imhof (Kurzversion): „Medienkompetenz als Fach in Schulen, Elimination der Gratiskultur auf Holz und Online, Zusammenarbeit öffentlicher und privater Redaktionen im Onlinesektor und qualitätsorientierte Förderung von Informationsmedien über zivilgesellschaftliche und staatliche Mittel.“