Sacha Wigdorovits: «Ich wurde nicht zum Rücktritt gezwungen»

Der «Gründer» der Gratiszeitung «.ch», Sacha Wigdorovits, bestreitet, dass er sein Amt als Delegierter des Verwaltungsrates auf Druck aufgeben musste. Im Interview nimmt der Medien- und Kommunikationsmann auch Stellung zum Streit mit «.ch»-Verlagsleiterin Caroline Thoma.

Neun Monate nach dem Start der Gratiszeitung «.ch» verlässt der Delegierte des Verwaltungsrates, Sacha Wigdorovits, das Boot um sich zukünftig wieder voll seiner eigenen PR-Firma «Contract Media AG» zu widmen. Nach Bekanntgabe des Rücktritts von Wigdorovits wurde von Ernst Buob, dem VR-Präsident von «.ch», Klartext gesprochen: Die ersten neun Monate hätten nicht den Erwartungen entsprochen.

Sacha Wigdorovits, wurdest Du gezwungen bei «.ch» den Hut zu nehmen?

Nein, es wäre vertraglich auch gar nicht möglich gewesen, mich zum Rücktritt zu zwingen. Ausserdem bleibe ich ja Aktionär.

«persoenlich.com» schreibt, Du hättest keine andere Wahl gehabt, als die Zeitung zu verlassen…

Es wird so viel geschrieben, wenn der Tag lang ist. Das heisst aber noch nicht, dass es stimmt. Persoenlich hat mich auch nie mit dieser Behauptung konfrontiert, sonst hätte ich sie dementiert. aber das hätte dann wohl die Story gekillt.

Stimmt es, dass es unüberwindbare Meinungs-verschiedenheiten zwischen Dir und «.ch»-Verlagsleiterin Caroline Thoma gab?

Überhaupt nicht. Klar, mussten wir die richtige Zusammenarbeitsform erst finden. Und natürlich hatten wir nicht immer die gleiche Auffassung. Aber das ist in allen Unternehmen so, dass der Verwaltungsrat und die Geschäftsleitung die Dinge nicht immer gleich sehen. In den grossen Fragen gab es nie Differenzen: Der Antrag an den Verwaltungsrat,  die Hauszustellung einzustellen, kam zum Beispiel von uns gemeinsam. Und auch bezüglich der damit verbundenen Repositionierung des Produkts waren wir einer Meinung. 

Wo wart ihr euch vor allem nicht einig?

Hin und wieder haben wir über Anzeigenpackages und die Preisstrategie diskutiert. Aber das waren ganz normale Diskussionen.

«.ch» hat seit Beginn zuwenig Leserinnen und Leser erreicht. Ist dies nur auf die gescheiterte Hauszulieferung zurückzuführen?

Nicht nur, aber vor allem. Dass wir gezwungen wurden, in die Briefkästen auszuweichen und die offene Hauszustellung stark eingeschränkt wurde, hat zu tiefen Leser-pro-Exemplar-Werten geführt. Und dann waren wir wohl mit dem Produkt gestalterisch auch zu brav. Das ändert sich jetzt.

Der neue «.ch»-Verwaltungsratspräsident Ernst Buob sagte, dass man eine strategische Fehlbeurteilung gemacht, dann das Problem schöngeredet und verschlimmbessert habe. Wieso hat man dies nicht schon früher erkannt und schneller Tabula rasa gemacht?

Wir haben das Problem nie schöngeredet, das sieht man, wenn man unsere Interviews liest. Und ob wir es viel früher geschafft hätten, von dem Split Hauszustellung und OV-Zustellung ganz auf OV zu switchen, ist fraglich. Denn zuerst mussten wir im OV genügend Kapazitäten haben, damit uns beim Verzicht auf die Hauszustellung die Auflage nicht einbrach. Vertriebschef Peter Kümmerli und sein Team arbeiteten seit Anfang des Jahres fast rund um die Uhr am Aufbau von Boxenkapazitaeten. Das geht nicht über Nacht, zumal wir dabei erst auch noch rechtliche Probleme beseitigen mussten. Ausserdem war es zunächst ein Auftrag des Verwaltungsrates, eine «intelligente» Form der Hauszustellung zu suchen. Leider fanden wir keine. Im Nachhinein, ist es immer einfach zu sagen, was man anders hätte machen sollen.

Siehst Du die zukünftige Entwicklung der Gratiszeitung wirklich so rosa?

Nicht rosa, aber ich glaube daran, dass «.ch» sich mit dem neuen Verteil- und Distributionskonzept als Nummer 2 mit einer für den Werbemarkt relevanten Reichweite und Preisstruktur wird behaupten können. Natürlich braucht dies Zeit, aber mein Co-Investor Andy Rihs hat immer gesagt; wir sind Marathonläufer, nicht Sprinter. (pv.ch)

             
Sacha Wigdorovtis steigt als VR-Delegierter aus, bleibt
         aber Aktionär von
«.ch». (Bild: jzinsli)