Besucher aus der Schweiz erzählen, was sie an der Social-Media-Konferenz re:publica in Berlin machen und warum der Anlass für Journalisten interessant sein könnte.
Gerade ist die vierte Ausgabe der Social-Media-Konferenz re:publica im Gange. Eine trotz allen Banalitätsvorwürfen der alten Medien sehr erfolgreiche Veranstaltung – immer neue Besucherrekorde wurden die letzten Jahre vermeldet, der Friedrichsstadtpalast und der Quatsch Comedy Club mussten zur Kalkscheune hinzugemietet werden.
Dieses Jahr sind besonders viele aus der Schweiz angereist, viele waren zum ersten Mal hier. Ich habe mich darum mal bei ihnen erkundigt, warum sie diesen Kongress von Internetpublizisten und Anverwandten besuchen.
Fragen wir den frühereren Journalist und jetzigen Kommunikationsberater Manfred Messmer, der sich mit seinen 61 Jahren als ältester Teilnehmer des Kongresses überhaupt wähnt (ich hätte ihn auf 48 geschätzt, na gut, vielleicht auf 52). Messmer sagt: „Ich bin schon Blogger seit 2006 und habe so oft von der Veranstaltung gehört, dass ich es mal mit eigenen Augen sehen wollte.“
Fragen wir Andreas von Gunten, warum er hier ist: „Die re:publica ist eben keine Business-Messe, sondern hier werden echte gesellschaftliche Fragen diskutiert.“ Journalisten empfiehlt er einen Besuch: „Ein klassischer Journalist kann sich inspirieren lassen von der Sharing Community und vielleicht einige Ängste abbauen. Er könnte viele Leute treffen, die ihm zu neuen Ideen verhelfen.“
Fragen wir Dania Gerhardt von Amazee, die vor allem da ist, um alte und neue Bekannte zu treffen, um Berlin zu besuchen und einige geschäftliche Termine wahrzunehmen. Besonders gut gefallen hat ihr der Vortrag “Technology for Transparency” von David Sasaki. „Vieles kannte ich schon, doch es war eine gute Zusammenfassung, wie durch das Internet Missstände auch in weniger entwickelten Gebieten aufgedeckt werden können.“
Fragen wir Marie-Christine Schindler: „Ich schliesse die Masterarbeit zum Thema PR 2.0 ab – und das ist sozusagen der i-Punkt darauf. Ich kann so online mit offline verknüpfen. Ausserdem bin ich hier, um mir fachlichen Input abzuholen und die Leute aus der Szene besser kennenzulernen.“ Was Journalisten von so einem Anlass profitieren könnten? „Es ist eine gäbige Art, herauszufinden, wie sich die Onlinewelt bewegt. Es hilft, Hemmungen abzubauen. Man findet heraus, dass sich hinter all den Online-Identitäten Menschen verbergen, mit denen man sich sehr gut und auch kontrovers austauschen kann.“
Fragen wir Leila Summa, Program Manager Social Media bei der Migros, warum sie hier ist: „Spannende Themen, Erweiterung des persönlichen Netzwerks, Inspiration.“ Was Journalisten profitieren könnten? „Sie könnten den Spirit der Online-Commuity spüren. Twitterer könnten fassbar werden, wenn man sie persönlich kennenlernt und sich mit ihnen austauscht. Damit kann man besser begreifen, um was es eigentlich geht und ein Verständnis für das bisher eher noch randständige Thema Twitter fassen.“
Fragen wir Hans-Dieter Zimmermann, Professor an der FHS St. Gallen, verantwortlich für den interdisziplinären Forschungsbereich eSociety: „Ich bin hier, um spannende Vorträge zu hören, was sich bisher auch erfüllt hat. Ich bin aber auch hier, um mal tiefer in diese Community einzutauchen und neue Kontakte zu knüpfen.“ Sein Highlight bisher war der Vortrag Professor Peter Kruse (Video): „Zum Beispiel seine Aussage, dass unterschiedliche Gruppen die gleiche, akzeptiere Faktenlage aufgrund ihres Wertesystems unterschiedlich bewerten und deswegen auch gar nicht zu einem Konsens kommen können, weil sie, böse formuliert, dogmatisch sind.“
Und fragen wir zum Schluss doch auch noch Tom Brühwiler, BloggingTom seit 2005: „Die Referate von Jeff Jarvis und Sascha Lobo fand ich besonders gut. Die Twitter-Lesung war genial. Eine interessante, wenn auch sehr aufwändige Sache.“ Dank der re:publica kriege man einen tiefen Einblick in die Netzkultur, der breiter gefächert sei als die Schweizer Sicht. „Man trifft viele interessante und weniger interessante Leute, natürlich geht es auch um Networking. Schön finde ich, dass Vorträge fast ausschliesslich nicht marketinggeprägt, was heute ja eher eine Ausnahme ist.“
Ausserdem gesehen haben wir einen guten Teil der Firma Blogwerk und Dorian Selz von Memonic. Nur knapp verpasst wurde der „Leumund“, Christian Leu.
Die vielen Links hier sind übrigens zum Klicken da. Es gibt nämlich auf den jeweiligen Blogs noch viel mehr zu lesen. Besonders oft erwähnt wurden in den Kurzgesprächen mit den Besuchern neben dem bereits erwähnten Auftritt von Peter Kruse der Eröffnungsvortrag von Peter Glaser. Und natürlich die Ausführungen von Journalistikprofessor Jeff Jarvis, der über seinen Umgang mit dem kürzlich bei ihm diagnostizierten Prostatakrebs und über „The German privacy paradox“ sprach.