Sex sells, again and again

Blech, Blut und Busen. Im Boulevard braucht’s niedere Reize. Ob Pornosprüche im Dutzend auf 20 Minuten oder anzügliche Schlagzeilen zu irgendwelchen Themen beim Blick. Die verlegenen Verleger hatten sich das anders vorgestellt.

Michael Ringier ist ein feinsinniger Mensch. „Wir müssen mehr anbieten, aufwendigen Journalismus, anspruchsvollen Service und spektakuläre Inszenierung. Wir wollen auch mehr weibliche Leser für den Blick interessieren. Wenn Sie Frauen als Zielgruppe ernst nehmen, müssen Sie sich bei gewissen klassischen Boulevardelementen mehr Mühe geben“, sagte der Verleger vor einer Weile in einem Interview in der Süddeutschen. Und: “ Der Themenbereich Sex und Erotik muss weniger plump, dafür spannender und interessanter daherkommen.“ 

Gesagt getan, dachten sich die Produzenten bei Blick Online und dichteten. Ein paar Müsterchen der letzten Wochen.

Ladina knabbert gern an Renzos Wurst
(27. Mai) Im Artikel ging’s… nein, natürlich nicht um Sex. Sondern um eine von Renzo Blumenthal und dessen Gattin Ladina vertriebene Bio-Bratwurst.

Mehr Sex für Kät
(2. Juni) In diesem Artikel ging’s… natürlich auch nicht um Sex. Aber Musicstar-Gewinnerin Katharina (alias „Kät“) arbeitet für ihre CD mit Florian Ast zusammen. Ahnen Sie schon den Zusammenhang?! Genau: Der hatte doch vor 9 Jahren mal einen Song namens „Sex“. Na also, und schon haben wir sie: die Sex-Schlagzeile!

Abspritzen für die Schwulen-Sause
(29. Mai) In diesem Artikel geht’s… nein, natürlich nicht um Sex! Wo denken Sie hin! Wir haben als Zutaten: Eine junge Sängerin, von der a) eine Foto existiert, auf der sie (im Badekleid) unter der Dusche steht und die b) den offiziellen Song zur Europride singt. Finden Sie nicht auch, dass da die obige Schlagzeile total nahe liegend ist?!

Gute Brüste, grosses Herz
(28. Mai) Raten Sie mal, worum es in diesem Artikel ging…! Um junge Frauen, die für den Titel der Miss Earth Switzerland kandidieren – eine Wahl, bei der es gemäss Blick Online auch um „Umweltschutz und Nächstenliebe“ geht. Na also, der Schritt von Umweltschutz zu „guten Brüsten“ ist jetzt wirklich nicht allzu weit hergeholt, oder…?!

Englands geilster Wanderpokal verprügelt
(28. Mai) Die junge Dame aus England wurde offenbar das Opfer einer Tätlichkeit und musste ins Krankenhaus eingeliefert werden. Ausserdem hatte sie – so lesen wir – offenbar bereits vier britische Profi-Fussballer als Partner. Was zwar mit der eigentlichen Geschichte nichts zu tun hat, den Kollegen von Blick Online aber immerhin den Aufhänger zu einer sexistischen Schlagzeile der Sonderklasse liefert. Und falls Sie jetzt denken, das lässt sich nicht mehr toppen…?! Weit gefehlt! Im Lead des gleichen Artikels:
„Keine andere Frau kam in den Genuss von mehr Fussballer-Freistössen als die Engländerin Danielle Lloyd.“

Irgendwie scheinen die Hormone der Blick-Online-Redaktoren (wir beschränken uns hier aus naheliegenden Gründen auf die männliche Form) in letzter Zeit etwas verrückt zu spielen. Ist es eine spät-pubertierende Phase? Oder schlicht der Rückgriff auf das alte Erfolgsmotto „Sex sells“? Jedenfalls scheint den Mannen von Blick Online im Moment keine Thematik zu bieder und kein Bezug zu abwegig zu sein, um nicht in eine eindeutig zweideutige Schlagzeile umgemünzt werden zu können. Geil, oder? (pv.ch)

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