Sprachrohr der Behörden

In den elektronischen Medien führt Zeit- und Spardruck zunehmend zu einer kritiklosen Wiedergabe behördlicher Verlautbarungen. Zu diesem wenig schmeichelhaften Schluss kommt eine Analyse von Publicom über die Eigenleistung tagesaktueller Medien im Umgang mit Behörden-PR.

«Texte, welche die Medienstellen der kantonalen Behörden abgeben, gelangen mehrheitlich unverändert oder lediglich in gekürzter Fassung an die Öffentlichkeit», klagt Publicom-Studienleiter René Grossenbacher. Eher selten werde nachrechiert. Zumeist bleibe es dabei, aus dem Material geeignete Passagen auszuwählen und zusammenzustreichen. Mit Unterstützung des Bakoms hatte das Medienforschungsinstitut Publicom in den letzten beiden Jahren die Berichterstattung zu 42 Medienkonferenzen der Behörden aus den Kantonen Zürich und St.Gallen untersucht. Die regionalen Radio- und TV-Sender, die Regionaljournale von Radio DRS und die Online-Portale der Printmedien gäben die erhaltenen Informationen überwiegend unkritisch weitergegeben. Jeder zweite der untersuchten Berichte sei ohne jegliche inhaltliche Eigenleistung zustande gekommen. Dies zeige, wie stark Medien und Behörden-PR miteinander verwoben seien, folgert die Publicom in ihrer Studie.

Das gleiche Institut jammert gleich weiter: Der Vormarsch der Gratisblätter
sei eine ernste Gefahr für die Qualität des Journalismus. Der Erfolg von Blättern wie «20minuten», «Le Matin bleu», «Heute» und «Cashdaily» setze die Abonnementszeitungen derart unter Druck, dass diese anfälliger für kommerziellen Druck würden und die Redaktionen schrumpfen müssten. Laut einer Umfrage unter Experten, Chefredaktoren und Medien-Fachjournalisten sei mit einer Zweiteilung des Medienmarktes zu rechnen: Hochwertige Inhalte, für die weiterhin bezahlt wird, stehen weitgehend anspruchslose Inhalte gegenüber, die nichts mehr kosten. Die Behörden-PR gehört wohl schon zu letzterem. (pv.ch)