SSM vs. Weltwoche, 2. Runde

Das Schweizer Syndikat Medienschaffender SSM und Andreas Kunz von der „Weltwoche“ setzen sich miteinander und mit der SRG auseinander – und kommen auf verschiedene Ergebnisse.

Weltwoche vs. SSM

In der Ausgabe 41/2011 der „Weltwoche“ schreibt Journalist Andreas Kunz über die SRG und die Journalistengewerkschaft SSM. Letztere wird kritisiert, „jegliche Sanierung“ der SRG „im Keim“ zu ersticken.

Organisiert ist die mächtige Gewerkschaft wie ein sozialistischer Kleinstaat. Es gibt ein Zentralkomitee, Gruppenvorstände, diverse Kommissionen, Arbeitsgruppen und Untergruppen. Rund viermal pro Jahr wird SRG-Generaldirektor Roger de Weck zu einem Pflichttermin aufgeboten, ebenso Rudolf Matter sowie alle anderen Chefs der Unternehmenseinheiten. Bei einem Budget von rund 2,5 Millionen Franken druckt das SSM Journale, es führt Protestaktionen durch, bezahlt Schiedsgerichte, Mieten, Anwälte und die Löhne seines Vorstands. Das Geld stammt von den Beiträgen der 3355 Gewerkschaftsmitglieder, wovon 2922 bei der SRG arbeiten. Sie zahlen bis zu fünfzig Franken Obolus pro Monat – ­direkt abgezogen von ihrem Lohn.

Mich erstaunt, dass am Ende des Artikels Zitate von SSM-Zentralsekretär Stephan Ruppen zu lesen sind (er sieht das SSM als konstruktiven Sozialpartner, die Arbeitsbedingungen bei der SRG seien „keineswegs überdurchschnittlich oder gar luxuriös“). Hatte Ruppen doch noch Anfang März 2011 eine normale E-Mail-Anfrage von Kunz bei SRF-Info-Redaktoren in die Nähe von “Schnüffelei in der Privatsphäre” gestellt und bereits im Voraus als „Diffamierung von Journalisten” abgetan (siehe dazu die Interviews mit Stephan Ruppen und mit Andreas Kunz auf persoenlich.com).

Die Recherchen und Einschätzungen von Kunz möchte das SSM aber trotzdem nicht ganz unkommentiert lassen, siehe dazu den Beitrag „Sensationelle Entdeckung eines Weltwoche-Journalisten“ auf ssm-site.ch. Andreas Kunz wird darin als „rasender Reporter einer Wochenzeitung, die einst in besseren Jahren der Aufklärung und dem geistigen Fortschritt verpflichtet war“, bezeichnet:

Er hat – inmitten des SRG-Hoheitsgebietes – einen Sozialistischen Kleinstaat entdeckt. Als Eierkopf maskiert und hinter Segeltuchkleidern getarnt, hat er sich als Christoph Kolumbus in den SRG-Staat eingeschlichen. Hier müssen wir allerdings festhalten, dass dem Starreporter, wie weiland Kolumbus, ein Irrtum unterlaufen ist: Er war der falschen Überzeugung, in einem Staatsbetrieb gelandet zu sein. Aber dies mindert die Bedeutung seiner Entdeckung in keiner Weise: er hat ja nicht die SRG entdeckt, sondern den Sozialistischen Kleinstaat, der sich in diesen Medienbetrieb eingenistet haben soll.

Romain Maillard, der den Beitrag zeichnet, notiert darauf in Kursivschrift eine Reihe von „Schlagzeilen“. Was auf den ersten Blick wie Zitate aus der „Weltwoche“ wirkt, sind Maillards eigene Überspitzungen, mit etwas Fantasie könnte man es als Satire bezeichnen. Tatsächlich, und das will notiert sein, ist im Artikel von Kunz weder von „Geiselhaft“ noch von „Wegelagerern“ zu lesen, auch die Wörter „raffen“, „erpresst“, „Skandal“ oder „Terrorregime“ kommen nicht vor.

Das SSM bedankt sich sogar für den Beitrag:

Das SSM bedankt sich bei Andreas Kunz und der Weltwoche für die Ehre, Gegenstand ihrer verzerrten und ideologisch gefilterten Darstellungsweise geworden zu sein. Es teilt dieses Schicksal mit aufgeklärten Muslimen in der Schweiz, mit integren Einwanderern, mit Invaliden, die um ihre Renten kämpfen und mit allen, die für eine soziale und weltoffene Schweiz einstehen.

Runde 3, bald, in der Arena ihres Vertrauens? Nach logischer Folge müsste es im Frühling 2012 soweit sein.