Communication Summit 2019: Business-Modelle auf dem Prüfstand
Am 6. Februar diskutierten Vertreter der Startups Republik, nau.ch, higgs und Inside Paradeplatz am Communication Summit im Audimax der ETH Zürich. Als Keynote-Speaker trat Medienprofessor Otfried Jarren auf. Der Abend zeigte: Auch die journalistischen Newcomer kämpfen ums Geld.
Am 6. Februar diskutierten Vertreter der Startups Republik, nau.ch, higgs und Inside Paradeplatz am Communication Summit im Audimax der ETH Zürich. Als Keynote-Speaker trat Medienprofessor Otfried Jarren auf. Der Abend zeigte: Auch die journalistischen Newcomer kämpfen ums Geld.
Rund 200 Gäste aus der Medien- und PR-Branche fanden am 6. Februar den Weg an den Communication Summit. Gemeinsam organisiert durch den Zürcher Presseverein und die Zürcher PR-Gesellschaft, standen dieses Jahr die Newcomer der Medienbranche im Fokus – und ihre Business-Modelle.
«Wir haben kein Preis-Leistungs-Verständnis für Journalismus»
Die einleitende Keynote lieferte der emeritierte Medienprofessor Otfried Jarren. Präzise zeichnete er den Wandel der Branche vom Angebots- zum Nachfragemarkt nach. Die gedruckte Zeitung war ein gebündeltes Angebot, heute hingegen picken sich die Menschen da und dort etwas heraus. Das Paywall-Modell funktioniere nicht, sagte er, denn: Wer kaufe schon eine Katze im Sack? «Wir haben kein Qualitäts- oder Preis-Leistungs-Verständnis für Journalismus», kritisierte Jarren weiter. Dabei unterstrich er die institutionelle Leistung von Journalismus in einer Gesellschaft: Austausch, Einbezug, Vermittlung und Kritik.
«Wir sind sowohl auf der Einnahme- als auch der Ausgabenseite schnell gewachsen»
Danach eröffnete Moderator Reto Lipp (SRF Eco) das Podium. Yves Kilchenmann, CEO von nau.ch, vertrat bestimmt die Meinung, dass gerade digitale Werbung noch gut funktioniere. Das Unternehmen bietet schon länger Werbeflächen auf sogenannten «Out-of-home-Screens» in Bussen, Trams und an Tankstellen an. Die Konkurrenz von Google und Facebook schienen ihm keine Bauchschmerzen zu bereiten. «Wir müssen agil genug bleiben, um neue Werbeformate einzusetzen», sagt er. Früher durchbrachen sie die Werbung mit News von lokalen Medienpartnern, seit rund einem Jahr bauen sie selbst mit nau.ch einen eigenen Newsroom auf.
Clara Vuillemin, Gründerin und Leiterin der IT bei der Republik, vertrat jenes Unterfangen, das in den letzten zwei Jahren für viel Furore gesorgt hat. Nach dem Crowdfunding-Weltrekord warb das Online-Magazin kürzlich um die Erneuerungen der Abonnements. 61 Prozent gaben nochmals 240 Franken her. Dennoch reicht es nicht: Die Republik braucht eine Grossinvestition von 1 Mio. Franken um zu überleben. Vuillemin musste sich immer wieder Kritik anhören, verteidigte sich aber: «Wir sind sowohl auf der Einnahme- als auch der Ausgabenseite schnell gewachsen. Die optimale Linie dazwischen zu treffen, ist schwierig.»
«Ich habe unterschätzt, wie schwierig das Fundraising ist»
Der frischgebackene Journalist des Jahres, Lukas Hässig von Inside Paradeplatz, war erwartungsgemäss angriffig unterwegs. Sein Portal finanziert er durch Werbung – zeigte aber Bewusstsein für die Gratwanderung. Für ihn ist klar: Man beisst zuletzt in jene Hand, die einen füttert. Mit seinem Wirtschaftsjournalismus schafft er alleine bis zu 80’000 Seitenaufrufe täglich. Hässigs Modell funktioniert so seit 2011. Einen Ausbau des Portals lehnt er ab: «Ich bin ein miserabler Chef.»
Beat Glogger von higgs vertrat das dritte Business-Modell. «Wir sind ein System», erklärt der ehemalige SRF-Journalist. Higgs verteilt seine Inhalte gratis an regionale und nationale Titel wie den Zürcher Oberländer oder den Blick. Exklusive Inhalte verkaufen sie beispielsweise nau.ch oder auch Apotheken. Der Mammutanteil stemmt jedoch die Gebert-Rüf-Stiftung – wenigstens noch bis Ende 2019. Danach soll die neu gegründete Stiftung «Wissen für alle» übernehmen. Glogger gibt zu: «Ich habe unterschätzt, wie schwierig das Fundraising ist. Es braucht Zeit, das Vertrauen in unser Team aufzubauen.» Zu seinem Unternehmen gehört aber auch eine Kommunikationsagentur, die den Journalismus ebenfalls mitfinanziert.
Das Podium zeigte vor allem: So zuversichtlich die Startups einen stimmen mögen; auch sie kämpfen ums Überleben. Bis auf Inside Paradeplatz müssen sich alle noch am Markt behaupten. Alle müssen die Menschen von sich überzeugen: Seien dies Geldgeber, Werbekunden oder die Leserinnen und Leser. Ein Allheilsmittel hat auch hier noch niemand gefunden.
Bilder von Markus Senn