Twittern aus Davos

Tagesanzeiger.ch-Reporterin Michèle Binswanger twittert vom WEF in Davos. Ein guter Versuch. Leider ist’s noch strikte Einwegkommunikation.

Tagesanzeiger.ch/Newsnetz schickt Gesellschaftsreporterin Michèle Binswanger mit einem Laptop an das World Economic Forum nach Davos. Von dort aus veröffentlicht sie live und ungefiltert ihre Eindrücke – ein spannender Versuch, auf den man in den Schweizer Online-Medien lange hatte warten müssen.

Für Journalisten der etablierten Medien mögen ihre Tweets aussehen wie Notizen, die nichts mehr als die Grundlage sind für einen überlegten Bericht. Doch es ist richtig und transparent, dass bereits diese öffentlich gemacht werden. Und ein Bericht kann immer noch folgen, später.

Hier ein paar Müsterchen:

Die Burda-Party

Bei Burda ist die Stimmung ausgelassener, die Röcke kürzer, die Absätze höher. Die Herren stecken die köpfe zusammen. Schliesslich ist wef. Damen sind schwach vertreten, aber eine der anwesenden, ein junges, dünnes Ding, ist sehr schwach.

Arien

Alexander Pereira kündet die Darbietung des Abends an, die eigentlich vorgesehene Sängerin ist erkältet. Mitten in der Darbietung bricht das junge, dünne Ding zusammen. Kurze Irritation, doch sie steht sofort wieder auf, Artelio singt weiter.

Zürich

Das Motto des WEF, rethink, redesign, rethink, müsse hier ganz wörtlich verstanden werden, sagt Zurich-ceo Senn.

Zigarren

Kam vor meinem Rencontre mit Clinton gerade aus einem Tabakladen, wo ich mich nach dem Absatz von Zigarren während des #WEF erkundigt hatte. Hätte ich gewusst, dass ich gleich Bill Clinton in die Arme laufen würde, hätte ich natürlich eine erstanden und ihm überreicht.

Fondue

Die Reden über Malaria, Mücken, Insektenspray, Effizienz und Ressourcen ziehen sich in die Länge. Das Fondue muss warten. Linda Fäh unterdrückt ein Gähnen und wirft einen sehnsüchtigen Blick aufs opulente Käsebuffet.
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Mehr Fondue

7 Frauen und ein Mann aus der Slowakei, Chile und den USA machen sich Notizen, als der Küchenchef die Bedeutung der Käseschmelze erläutert. «Gar nicht so einfach, ein Fondue zu rühren», stellt eine Dame fest. Ihre Nachbarin wirft einen misstrauischen Blick auf die Käsesuppe. Es wird hektisch, die Gäste müssen rühren. Aber nicht zu schnell, sonst kühlt der Käse zu sehr ab.

One Way
Zu kritisieren ist die strikte Einwegkommunikation, die einerseits dafür verantwortlich ist, dass sie erst rund 60 Follower hat. Es zeigt sich aber auch, dass Twitter, anders als Facebook, erst nach und nach auf die Leserschaft von Online-Portalen überschwappt.

Binswanger sendet bislang nur in die Twitter-Welt – sie empfängt nicht daraus. Andere Tweets werden nicht aufgegriffen, andere Twitter-Nutzer werden nicht verfolgt. Leider nichts ungewöhnliches bei Online-Portalen. Was zurückkommt von den Lesern, wird nicht als Bereicherung aufgenommen, sondern als Belästigung. Sowas tut nur, wer seine Leser nicht ernst nimmt. Und dafür bezahlt man irgendwann teuer. (pv.ch/RG)

Michèle Binswanger bei Twitter

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Michèle Binswanger