Die Debatte um Arbeitszeiten hat die Redaktionen erreicht. Wer wissen will, ob sein Anstellungsverhältnis fair ist, kann auf eine Reihe von guten Apps zurückgreifen.
Die grossen Medienhäuser stehen in der Kritik. Gegen Tamedia und Ringier wurden bereits Anzeigen wegen nicht erfasster Arbeitszeiten von Medienschaffenden eingereicht. Verlage und Redaktionen sträuben sich gegen eine Arbeitszeiterfassung. Dabei wäre es so einfach wie noch nie, korrekt abzurechnen. Die Frage bleibt: Weshalb wehren sich auch viele Journalisten gegen eine Erfassung ihrer Arbeits- und Überzeiten?
Sowohl für Android als auch für Apples iOS gibt es zahlreiche Apps, die einem einzigen Zweck dienen: der Arbeitszeiterfassung. Für iPhones ist etwa die App WorkLog empfehlenswert. Diese kostet zwar in der Vollversion satte neun Franken, aber es gibt eine kostenlose Lite-Version. Auch mit dieser lässt sich die Arbeitszeit korrekt erfassen und auswerten. Die technischen Möglichkeiten sind vielfältig. Mit WorkLog lassen sich etwa verschiedene Kategorien erstellen, die eine genaue Auswertung nach Arbeitsschritten ermöglicht.
Kreativität kann man nicht erfassen
Wegen der Technik kann es an der Umsetzung nicht scheitern. Der Widerstand kommt von einer anderen Front, die Willy Surbeck, Redaktionsleiter von Telebasel, an der Delegiertenversammlung von impressum ausformulierte: „Man kann die kreative Energie nicht erfassen.“
Dieser Satz sagt viel über das Selbstverständnis der journalistischen Arbeit aus. Journalismus, das ist kein 9-to-5-Job. Es ist eine Kunstform, die jeden Tag vergeht und neu entsteht. Was also, wenn ich mitten in der Nacht erwache und eine zündende Idee habe? Schreibe ich das dann als Arbeitszeit auf?
Die kreative Arbeitsleistung zu erfassen ist eine Herausforderung. Kreativität lässt sich nicht einfach in ein Schema pressen. Und die Eitelkeit des Journalisten, seinem Text den nötigen Twist zu verleihen, braucht seine Zeit. Deshalb ist es schwierig, den Aufwand abzuschätzen: Ist es eine Notwendigkeit oder „nur“ der persönliche Berufsstolz.
Der Profi kennt seine Arbeitszeit
Ein Profi aber weiss, wann er arbeitet. Ist der Weg zur Pressekonferenz Arbeitszeit? Kommt darauf an, wie er diese Zeit einsetzt. Die Arbeit der Journalistinnen und Journalisten ist nie beendet ist. Man hat seine Fühler ständig ausgestreckt, der Radar sucht nach neuen Storys. Aber es wäre naiv, zu denken, dass ein Bankberater um 17 Uhr das Licht im Büro löscht und nicht mehr an die Arbeit denkt. Vielleicht fällt ihm die Lösung des Finanzproblems auf dem Nachhauseweg ein. Oder beim Abendessen. Oder unter der Dusche. Folgt auf den Geistesblitz eine stündige Recherche, gibt es keinen Grund, diese Zeit nicht aufzuschreiben.
Den Selbstversuch wagen
Die Arbeitszeiterfassung bedeutet keine Einschränkung für die Journalisten. Es ist illegal, die Arbeitszeit nicht zu erfassen. Deshalb hat impressum die Tamedia beim Zürcher Arbeitsamt angezeigt. Wenn die Arbeitszeit nicht erfasst wird, entgeht den Angestellten nicht nur Zeit, die sie kompensieren können müssen, sondern auch die entsprechende Entlöhnung. Die Journalisten sind im Dienst der Öffentlichkeit unterwegs. Trotzdem besteht zwischen Verlag und Journalist ein Tausch-Verhältnis: Arbeitszeit gegen Geld.
Wäre es darum nicht spannend, zu sehen, wie viel Zeit man eigentlich aufwendet? Probiert es selbst aus und vergleicht mit euren Redaktionskollegen. Und stellt euch dann die Frage: Ist mein Anstellungsverhältnis fair?
Text: Janosch Tröhler, freischaffender Journalist und Student.
Diese App-Tipps gibt der Schweizerische Gewerkschaftsbund:
Für Android:
https://play.google.com/store/apps/details?id=com.dynamicg.timerecording&hl=de
https://play.google.com/store/apps/details?id=com.rauscha.apps.timesheet&hl=de
https://play.google.com/store/apps/details?id=com.dynamicg.timerecording.pro&hl=de
Für iOS:
https://itunes.apple.com/ch/app/zeiterfassung-stempeluhr/id435114074?mt=8
https://itunes.apple.com/de/app/ijobber/id495500188?mt=8&affId=1771273&ign-mpt=uo%3D4