Vier herausragende Arbeiten und Hanspeter Guggenbühl ausgezeichnet
Die Jury des Zürcher Journalistenpreises hat den Preis für das Gesamtwerk an den kürzlich tödlich verunfallten Umweltjournalisten Hanspeter Guggenbühl vergeben. Im Weiteren zeichnete sie die Arbeiten von sechs Journalisten aus.
Am Montagabend sind im Zürcher Kaufleuten die diesjährigen Zürcher Journalistenpreise vergeben worden. Corona-bedingt ist der Anlass ein Vierteljahr später als üblich durchgeführt worden. Eric Gujer, Chefredaktor der «NZZ», fragte in seiner Festrede, ob im Schweizer Journalismus wirklich alles schlecht sei.
Die Ehrung für das journalistische Gesamtwerk von Hanspeter Guggenbühl musste leider posthum erfolgen. Denn kurz nachdem die Jury den bekannten Umweltexperten erkoren hatte, ist dieser auf einer Velofahrt von einem Motorradfahrer tödlich verletzt worden. Während vier Jahrzehnten schrieb Guggenbühl in der Deutschschweizer Presse über aktuelle Verkehrs-, Energie- und Umweltfragen und erwarb sich einen Namen als dossierfesten Fachmann, der hartnäckig die wesentlichen Aspekte dieses Themenkreises im Blick behielt. Er hatte ein Faible für Mess- und Berechenbares. Wie kein zweiter konnte er «Statistiken unterschiedlichster Herkunft auswerten, in Zusammenhänge stellen und journalistisch verwertbare Schlüsse daraus ziehen», wie es in der Laudatio heisst. Mit den Jahren hat er sein tagesaktuelles Werk mit insgesamt sieben Büchern erweitert, die er meist mit Co-Autoren herausbrachte. Er befasste sich darin mit der Marktwirtschaft, dem Wirtschaftswachstum, der Energiewende und vielem mehr.
160 Wettbewerbsbeiträge
Trotz den wegen der Pandemie erschwerten Arbeitsbedingungen war auch in diesem Jahr der Wettbewerb durch ein breites Spektrum an starken journalistischen Beiträgen geprägt. Die sechsköpfige Jury hatte 160 eingesandte Arbeiten zu bewerten. Sie nahm im Mai zehn Nominationen vor und hat nun vier Artikel ausgezeichnet.
Christoph Gertsch und Mikael Krogerus befassten sich im «Magazin»-Artikel «Die Magglingen-Protokolle» mit der Ausbildung von Nachwuchssportlerinnen im Sportzentrum oberhalb von Biel. Das harte Training brachte die jungen Frauen oft an die Grenzen ihrer seelischen Belastbarkeit – und darüber hinaus. Die erschütternden Einblicke in den Hochleistungssport des Kunstturnens lösten auch in der Politik ein Echo aus. «Wir alle werden nie mehr einen Wettbewerb in Rhythmischer Gymnastik verfolgen können, ohne an diese Reportage zu denken.»
Christopher Gilb bewies ein gutes Gespür und Hartnäckigkeit, als er sich für die «Luzerner Zeitung» mit den Hintergründen einer unbekannten Firma zu befassen begann, welche eine St. Galler Unternehmensgruppe kaufen wollte. In sechs Artikeln über «Kratzer am Image eines Firmenretters» legte er den Widerspruch zwischen Anspruch und Realität der dubiosen Firma offen. Die Übernahme platzte schliesslich – wie es Gilb vorausgesagt hatte.
Katharina Bracher und Sacha Batthyany nahmen den wachsenden Konsum von Kinderpornografie zum Anlass, die Hintergründe dieser hässlichen Realität auszuleuchten («Bin doch erst 13 – Umso besser»). Mit einem fingierten digitalen Profil eines Mädchens machten sie sich auf ins dunkle Reich der digitalen Triebtäter. Es wurde ein Marsch durch Abgründe. Den Journalisten der «NZZ am Sonntag» gelang ein dramaturgisches Meisterwerk, hält die Laudatio fest.
Den Newcomer-Preis gewann Samuel Tanner für seinen in der «NZZ am Sonntag» erschienenen Artikel «Glaube und Macht». Er begleitet darin den Mitte-Präsidenten Gerhard Pfister auf einer Rückfahrt in die politische Vergangenheit der Schweiz, als es noch ein katholisch-konservatives Milieu gab, das zuverlässig CVP wählte. Tanner hat ein «wunderschönes Parteiporträt» geschrieben, und «en passant ist der Text auch ein tolles Gerhard-Pfister-Porträt», so die Laudatio.