Wallace rettet Papst vor Anschlag

Der Feuilleton-Doyen Manfred Papst entgeht nur knapp einem heimtückischen Anschlag. Er soll für eine philosophische Abhandlung beim „Jekami“-Lexikon Wikipedia abgeschrieben haben, so der ungeheuerliche Plagiats-Vorwurf. Als Retter in der Not für den Kultur-Chef der NZZ am Sonntag betätigt sich Tagi-Redaktor Edgar „Wallace“ Schuler, der den Fall in Detektiv-Manier aufklärt.

Auf eine merkwürdige Parallele in zwei Texten war der Thurgauer „Kulturminister“ Philip Bürkler gestossen. In einem Artikel von Manfred Papst über den deutschen Philosophen Ernst Bloch fand eer den schönen Satz: «Die sozialrevolutionären Gesellschaftsentwürfe haben Schiffbruch erlitten, die Utopie einer humanen, klassenlosen Gesellschaft, die Bloch formulierte, gilt nur noch als kindischer Traum.». Bei Wikipedia heisst es zu Bloch wörtlich: «Seine sozialrevolutionären Gesellschaftsentwürfe haben Schiffbruch erlitten, die Utopie einer humanen, klassenlosen Gesellschaft, die Bloch formulierte, gilt nur noch als kindischer Traum.» 

Bürkler fand es „grossartig, dass der demokratische Gedanke von Wikipedia auch bei der NZZ durschschlägt“. Das sei „Bürger-Journalismus in Reinkultur. Bürger (Profis und Amateure) schreiben für Wikipedia und Journalsiten drucken die Texte anschliessend auf Papier.“ Schon befallen ihn leise Zweifel an seinem Verdacht: „Hat gar am Ende der NZZ-Autor für Wikipedia geschrieben…?“

Genau so muss es gewesen sein, deckte schon nach wenige Stunden Edgar Schuler vom konkurrierenden Verlagshaus Tamedia auf. Detektivisch legte der Redaktor „am“ Tages-Anzeiger nach einer Prüfung von Publikationszeiten und Wikipedia-Versionen auf, dass die Lexikon-Variante erst nachträglich publik gemacht wurde, um „8.14 Uhr – als der NZZ-Artikel also schon jedermann zugänglich war“. Bravo Kollege Schuler. Philip Bürkler streute Asche auf sein Haupt. Manfred Papst bedankte sich brav bei seinem Freund Edgar, und nahm die Episode in seine preisgekrönten Kolumne „Zugabe“ auf: „Wonnen der Wikipedia“. (pv.ch)  


Unversehrt: Manfred Papst, NZZ am Sonntag