Was ist im Tösstal los?

Zwischen der Gemeinde Fischenthal und dem «Zürcher Oberländer» kam es zum Eklat. Die Baumer Gemeindepräsidentin bezeichnet den «Tößthaler» als unprofessionell. Was läuft da verkehrt?

Montagabend, 24. September 2015. Die Stimmbürgerinnen und Stimmbürger der Gemeinde Bauma versammeln sich in der reformierten Kirche. Ein wichtiges Geschäft steht an: Die Gemeinde braucht ein neues Publikationsorgan.

Es liegen drei Angebote auf dem Tisch: Das bisherige, aber unrentable «Anzeigenblatt von Bauma», die Lokalzeitung «Der Tößthaler» und das vom Media-Center Uster angebotene «baumer blatt». Über den Luxus, den die Baumer Bevölkerung mit dem bisherigen Anzeigenblatt hatte, haben wir bereits vor einigen Monaten geschrieben.

Zweifel an journalistischer Professionalität

Am Ende machte das «baumer blatt» aus Uster das Rennen. Die Offerte belief sich gerade mal auf die Hälfte des «Tößthalers», allerdings ohne redaktionelle Berichterstattung. Die Entscheidung fiel dennoch mit 86 zu 81 Stimmen knapp aus.

Untergegangen ist jedoch die beunruhigende Aussage der Gemeindepräsidentin. Sie plädierte gegen den «Tößthaler», der zuvor mit kritischen Berichten die Verwaltung in Verlegenheit gebracht hatte. Angesichts dieser Berichterstattung zweifle sie an der journalistischen Professionalität des Blattes.

Es ist erstaunlich, dass die Gemeinde mit dieser Aussage unbeschadet davon kam.

Die Geschichte wiederholt sich 

Rund einen Monat später kommt es in der Gemeinde Fischenthal zum Eklat. Der «Zürcher Oberländer» thematisiert den Brief eines Arztes an die Sozialvorsteherin der Gemeinde. Der Gemeinderat zeigt sich empört und will der Zeitung fortan keine Auskunft mehr geben – obwohl der «Zürcher Oberländer» das amtliche Publikationsorgan von Fischenthal ist. Der Gemeinderat erwog gar rechtliche Schritte gegen den Arzt.

Beim «Zürcher Oberländer» zeigte man sich irritiert. Der Chefredaktor Christian Brändli sagte gegenüber der «NZZ»:  «Es gehört zu unserer journalistischen Arbeit, dass wir umstrittene Themen aufgreifen und Diskussionen beleben, in denen alle Seiten zu Wort kommen»

Weiter schreibt die «NZZ»:

«Die Bande zwischen Regionalzeitungen und Gemeindebehörden sind traditionell eng, insbesondere, wenn ein Blatt als amtliches Publikationsorgan dient. Die Behörden leiten aus der Tatsache, dass die Gemeinde die Zeitung über Inserate mitfinanziert, gerne ein Recht auf wohlwollende Berichterstattung oder gar auf eine unveränderte Publikation ihrer Verlautbarungen ab.»

Journalistische Verpflichtungen gelten

René Fischer, Chefredaktor des «Tößthalers» bestätigt die Aussage der «NZZ»: «Die Beziehungen zu den Behörden sind eng. Einerseits ist das wichtig für den Informationsfluss zwischen Gemeinde und Redaktion, andererseits kann es auch ein Hindernis für die freie Berichterstattung sein.»

Fischer, der seit Anfang Jahr die Redaktion des kleinen Lokalblatts leitet, ist sich der Gefahr einer Instrumentalisierung bewusst. Sie seien aber wie alle anderen an journalistische Verpflichtungen gebunden. «Gerade als amtliches Publikationsorgan ist es umso wichtiger, sauber zu recherchieren», sagt Fischer gegenüber dem ZPV. Man sei stark ins Dorfleben eingebunden und laufe hin und wieder dem Gemeindepräsidenten über den Weg. Da könne es schon zum einen oder anderen «Ellbogen» kommen, aber solange dies auf einer anständigen Ebene bleibe, sei dies kein Problem.

Mitten im Spannungsfeld

Die Lokalredaktionen befinden sich in einer Zerreissprobe zwischen der Funktion als unabhängige Berichterstatter und Informationsorgan der Behörden. Im Zweifelsfall braucht es Mut den Gegenwind auszuhalten. Das Vertrauen der Leser für das Wohlwollen der Gemeinde aufs Spiel zu setzen, wäre ein veritabler Verrat am Wesen des Journalismus.

Die Behörden vergessen aber gerne, welchen Auftrag der Journalismus in der Gesellschaft übernimmt. Weder gibt es ein Verlautbarungsrecht, noch ist ein zu starker Einfluss auf die Berichterstattung legitim. Die Bevölkerung goutiert die Beeinflussung glücklicherweise nicht. So formiert sich etwa in Bauma gerade der Verein «Pro Bauma», der die Politik der Behörden hinterfragen will.

Disclaimer: Der Autor arbeitet als Digital-Berater für den «Tößthaler».