Werden beim TV die ENG-el ausgebeutet?

Ein im Auftrag der «freien» SF-Kameraleute erstelltes Gutachten soll belegen: das Schweizer Fernsehen beutet ihre selbständigen Techniker und Kameraleute aus.

Die Vereinigung ENG Schweiz, in der rund 30 vom Schweizer Fernsehen SF in die Freiheit gedrängte Kameraleute organisiert sind, hat via «Sonntagszeitung» ein Gutachten publik gemacht, das beweisen soll: Bei SF werde systematisch zu wenig bezahlt. Angefertigt worden ist das 43-seitige Papier von Peter Nobel, prominenter Rechtsprofessor und illustrer Wirtschaftsanwalt. Nobel kommt darin zum Schluss, dass SF seine «marktbeherrschende Stellung» missbrauche und damit das Kartellgesetz verletze.

Rundumversorgung in Gefahr
Untersucht hat Nobel dem Bericht zufolge die Geschäftsbeziehungen zwischen SF, der hauseigenen Produktionsfirma TPC und den so genannten «Electronic News Gathering»-Betrieben (ENG). Viele ENG entstanden vor vier Jahren, als SF die festen freien Mitarbeiter in die Selbständigkeit drängte. Die Ein- bis Zweimannteams begleiten mit eigener Kamera  SF-Redaktoren auf ihren Drehs, und stellen dabei oft ihr eigenes Auto und eine Rundumversorgung für die verwöhnten Festangesellten sicher.
 
Die Bedingungen seien dafür nicht korrekt, stellt das Nobel-Gutachten fest. So seien die Tagessätze, welche die Firmen erhalten, nicht kostendeckend. Dies habe bereits im letzten Jahr eine Untersuchung der Universität St. Gallen festgestellt. Die Tagessätze für einen Kameramann, der seine teure Ausrüstung selbst finanzieren muss, sinken seit Jahren und liegen derzeit bei nur noch gut 1000 Franken. Das ungleich besser ausgestattete TPC verrechne an SF aber bis zu 1140 Franken pro Tag.

Verträge werden neu ausgehandelt
SF-Direktorin Ingrid Deltenre hält dagegen gegenüber dem Presseverein fest, dass die Bedingungen fair seien. Den ENG-Firmen sei die Möglichkeit eingeräumt worden, zwischen höheren Tagessätzen oder einer garantierten Anzahl von Tagen pro Jahr zu wählen. Die Sonntagszeitung zitiert SF-Sprecher Urs Durrer, wonach man mit den Betrieben im Gespräch sei und werde Verträge, die in diesem Jahr auslaufen, neu verhandeln werden. Eine Quersubventionierung von SF und TPC stellt Durrer in Abrede.

Das Nobel’sche Gutachten hat die Vereinigung ENG Schweiz letzte Woche dem Bakom und der Wettbewerbskommission zugestellt. Letztere hatte schon vor Jahresfrist eine Voruntersuchung eingeleitet, diese dann aber wider eingestellt, weil Hinweise auf «einen Missbrauch einer marktbeherrschenden Stellung» durch SF fehlten. (pv.ch)sf-dompteure.jpg

1000 Franken pro Tag: Beutet SF die Kamera-den aus?