WWW – unser liebstes Werkzeug

Das Internet ist für Journalistinnen und Journalisten in der Schweiz ist als Quelle mittlerweile wichtiger als Tageszeitungen oder das persönliche Gespräch. Suchmaschinen und E-Mail sind für Medienschaffenden die wichtigsten Arbeitswerkzeuge. Das ist das Ergebnis eine repräsentativen Umfrage, deren Ergebnisse an einem ZPV-Anlass präsentiert wurden.

Nahezu alle der bei der Online-Erhebung Befragten verwenden Google, damit dominiert diese Suchmaschine den journalistischen Web-Zugang. Das Internet wird eindeutig als Arbeitserleichterung eingeschätzt. Ebenso einig sind sich die Befragten über den steigenden Aktualitätsdruck. Schweizer Medienschaffende glauben, dass der Einfluss des Web auf ihre Arbeit weiter zunimmt und dass die Interpretation von Inhalten wichtiger wird als deren Beschaffung.

Die Ergebnisse der am Mittwoch an einem gemeinsamen Anlass von ZPV und ZPRG vorgestellten Studie gründen auf einer repräsentativen Online-Befragung von Medienschaffenden in der ganzen Schweiz. Realisiert wurde die Studie nach 2002 und 2005 nun zum dritten Mal in einer Forschungskooperation zwischen dem Institut für Angewandte Medienwissenschaft IAM der ZHAW und der Kommunikationsagentur Bernet_PR in Zürich.

Zu den Ergebnissen im Detail: Bereits über 40% der Schweizer Medienschaffenden nutzen Soziale Netzwerke wie Facebook. Damit liegt diese neue Anwendung gleich hinter YouTube und noch vor Podcasts und Weblogs. Noch keine Relevanz erreicht hingegen Twitter.

Internet wird zur wichtigsten Informationsquelle
Der Langzeit-Vergleich seit 2002 zeigt, dass Journalistinnen und Journalisten heute wesentlich öfter und länger mit dem Internet arbeiten: Vor sieben Jahren lag die Mehrheit der Nennungen bei bis zu einer Stunde pro Tag, heute überwiegen eine bis drei Stunden reine Surf-Zeit, ohne E-Mail-Nutzung. Ebenfalls deutlich zugenommen hat der mobile Zugang via Laptop und Mobiltelefon. Aufschlussreich ist der Vergleich des Internets mit anderen Informationsquellen – zum ersten Mal steht das Web auf der ersten Stelle der Wichtigkeit, 2002 stand es noch auf dem dritten Rang. Die drei Spitzenplätze liegen sehr nahe beieinander: Internet 95% der «sehr wichtig» und «wichtig»-Nennungen, dich gefolgt von den Tageszeitungen und dem persönlichen Gespräch. Die 2005 erstmals abgefragten Agenturen gewinnen an Bedeutung und springen vom 6. auf den 4. Platz. Deutlich weniger Zeit und Aufmerksamkeit erhält die eigene Ablage, sie verliert seit 2002 zwei Ränge und steht jetzt auf Position 5. Alle darauf folgenden Informationsquellen verlieren deutlich an Bedeutung: 6. Wochenzeitungen, 7. Radio, 8. Fernsehen, 9. Bücher.

Suchmaschinen und E-Mail dominieren die Webnutzung
Die Frage nach der Wichtigkeit von Web-Angeboten setzt wie schon in den Vorstudien E-Mail und Suchmaschinen klar an die Spitze, mit praktisch 100 Prozent der Befragten, die diese Anwendungen als wichtig erachten. Darauf folgen Internet-Seiten von Verwaltungen, Medien-Online-Ausgaben und bereits an fünfter Stelle die erstmals abgefragte Online-Nachschlagehilfe Wikipedia. Die nächsten Plätze belegen Internet-Seiten von Unternehmen (minus 15 Prozent Nennungen gegenüber 2005), gebührenpflichtige Datenbanken (plus 21 Prozent), Newsportale wie GoogleNews oder bluewin (minus 23 Prozent) und Newsletter (minus 19 Prozent). Ebenfalls erstmals erwähnt sind Soziale Netzwerke, mit knapp 20 Prozent der Nennungen steigen sie auf Rang 10 ein, gleich vor die Blogs (minus 2.6 Prozent). (Grafik 2) Die Top-Fünf-News-Sites für die journalistische Arbeit sind 1. tages-anzeiger.ch, 2. nzz.ch, 3. 20min.ch und GoogleNews gleichauf, 5. sda.ch. (Grafik 3)

Das Web als glaubwürdige Quelle für Artikel
Schweizer Medienschaffende nutzen das Web in erster Linie für die Themenfindung, als zusätzliche Quelle und erste Anlaufstelle für Recherchen. 54 Prozent der Befragten hat Artikel aufgrund von Internet-Informationen geschrieben. 2002 lag dieser Anteil noch bei rund 40 Prozent. Die direkte Frage nach der Glaubwürdigkeit verschiedener Web-Quellen zeigt folgendes Ranking: Internet-Sites von Verwaltungen stehen klar an der Spitze (90% der «sehr hoch»- und «hoch»-Nennungen) vor gebührenpflichtigen Datenbanken (77%), Medien-Online-Ausgaben (72%), Internet-Sites von Unternehmen (67%) und Wikipedia (55%).

Kein Artikel ohne Google?
Suchmaschinen dominieren die Internet-Nutzung – und die Frage nach den genutzten Werkzeugen platziert Google mit 99.8 Prozent der Befragten dominant an erster Stelle. Weit abgeschlagen folgt search.ch mit 27% und praktisch irrelevant werden Nennungen wie Yahoo und Andere. Damit ist klar: Was Google nicht listet, gelangt schwerlich in die journalistische Themenfindung oder Recherche.

YouTube und Facebook etablieren sich im journalistischen Alltag
2009 wurden Web 2.0-Werkzeuge erstmals im direkten Vergleich evaluiert. Erstaunlicherweise verwenden bereits 55% der Medienschaffenden Video-Plattformen für ihre Arbeit und 43% nutzen dafür auch Soziale Netzwerke wie Facebook. Damit liegt diese neue Anwendung gleich auf dem zweiten Platz, noch vor Podcasts (39 Prozent) und den Blogs (34%). RSS-Feeds erhalten 22% der Nennungen, Bild-Plattformen wie Flickr 17% und der Kurznachrichtendienst Twitter erst 6%. Wie bei anderen Internet-Quellen wollen die Befragten auch über diese Web 2.0-Instrumente vor allem Ideen für Artikel sammeln, Trends aufspüren oder Zusatzinformationen finden.

Der Aktualitätsdruck steigt, Internet und Interpretation werden noch wichtiger
Schweizer Journalistinnen und Journalisten sind sich einig: Das Internet erleichtert ihre Arbeit. Aber es führt gleichzeitig zu einem deutlich höheren Aktualitätsdruck – bei dieser Aussage verdreifacht sich die Zustimmung gegenüber 2002. Für die Zukunft sehen die Befragten eine noch stärkere Beeinflussung ihrer Arbeit durch Online-Möglichkeiten. Und sie glauben, dass wegen des Internets die Interpretation von Inhalten wichtiger wird als das Beschaffen von neuen Informationen.

Angeschrieben wurden 2988 aktive Medienschaffende aus Informationsmedien, eine repräsentative Stichprobe von 596 oder knapp 23% füllte den Online-Fragebogen bis Mitte Mai 2009 aus. Der detaillierte Schlussbericht steht zur Verfügung auf www.linguistik.zhaw.ch/iam/forschung/journalisten_im_internet und