Zählen Sie unsere Tränen

Fertig lustig. Im Tagi hören zwei der profiliertesten Kolumnisten auf, mit spitzer Feder das Zeitgeschehen zu kommentieren. Victor Giacobbo hört nach 8 Jahren auf, Lorenz Keiser nach 10 Jahren. Die Fans sind untröstlich. Andere atmen auf und sind über das Ende der manchmal angestrengten Komik erleichtert.

Lustige Kolumnen zu schreiben, aber auch sie zu lesen, ist nicht immer lustig. Fast ein Jahrezehnt haben uns die beiden Satiriker und Kabarettisten Victor Giacobbo und Lorenz Keiser im Inland-Teil des Tagis ihren Senf geliefert, hin und wieder genial, manchmal nervig, meistens unterhaltsam. Zwischen Ratsberichterstattung und anderen drögen Politstoffen waren ihre Texte Leuchttürme in der Bleiwüste, kantige Einwürfe in der Zeitgeist-gefönten Tagi-Monokultur.   

Nun also Schluss mit lustig. Keiser will eine Pause einlegen, Giacobbo sich wieder aufs Fernsehen konzentrieren. „Warum tun sie uns das an“?, fragt ein Tagi-Leser. „Ich bin untröstlich“, jammert eine Leserin. 

Der 47-jährige Lorenz Keiser, vom Tagi kürzlich noch als „King of Comedy“ bezeichnet, will nach eigenen Angaben „nun mein Pferd satteln, das ich hier einmal zärtlich Schreibfeder nennen will, küsse zum Abschied meine Braut, das TA-Inland-Ressort, und reite in die Prärie, wo neue Abenteuer auf mich warten“. Auch Giacobbo hat nach 115 Folgen „Schlagseite“ genug. Für ihn gibt es offenbar Lustigeres, als sich für solche Bräute krumm zu machen. Die Hoffnung bleibt, so tönt es aus den Leserbriefspalten, dass ihre Kommentare bald wieder lesen dürfen, wo auch immer. „Zählen Sie unsere Tränen“, fordert Leser H. F. aus O., „und wenn es genug sind, kommen Sie wieder. Bitte!“ (pv.ch)