Der Presserat soll beraten und nicht sanktionieren

Laut einer Studie wird der Schweizer Presserat zwar als kompetent und fair wahrgenommen, seine Wirkung für die tägliche Arbeit wird aber als gering beurteilt.

In einer Nachfolgestudie zur einer 2007 durchgeführten quantitativen Online-Befragung hat das Institut für Angewandte Medienwissenschaft (IAM) der Zürcher Hochschule für Angewandte Wissenschaften im Auftrag der «Stiftung Schweizer Presserat» in der zweiten Jahreshälfte 2007 mit 50 bewusst ausgewählten Teilnehmer/innen («Skeptiker» und «Euphoriker») der ersten Umfrage vertiefende Interviews geführt. Die daraus entstandene qualitative Studie «Bild des Schweizer Presserates II» hat dabei die Ergebnisse der ersten Umfrage im wesentlichen bestätigt.

Der Schweizer Presserat und der berufsethische Kodex werden von den Befragten als wichtig eingeschätzt. Und der Presserat wird als Gremium wahrgenommen, dass fair und fachkompetent urteilt. Die Medienschaffenden lehnen es aber ab, ihrer Selbstkontrollinstanz Sanktionsbefugnisse einzuräumen.

In Widerspruch zur äusserst positiven Wahrnehmung des Presserates auf einer abstrakten Ebene steht dessen fehlende Relevanz im Redaktionsalltag. «Handfeste» Wirkungen auf das konkrete journalistische Schaffen werden von den Betroffenen kaum wahrgenommen. Weder das Regelwerk (berufsethischer Kodex und konkretisierende Richtlinien) noch die Stellungnahmen des Presserates finden häufig Eingang in Redaktionsdiskussionen.

Der Presserat soll seine Beratungsfunktion im Sinne einer «Richtschnur der Branche» gegenüber der urteilenden Funktion vermehrt in den Vordergrund stellen und sich zudem für den Ausbau der Qualitätssicherung in den Redaktionen einsetzen. Denn nur die Koppelung von Berufsethik mit Media Governance könne zur Steigerung der praktischen Relevanz des Presserates und seiner Tätigkeit beitragen. Dies empfehlen die Autoren der von der Stiftung «Schweizer Presserat» veröffentlichten qualitativen Studie.

In einer gemeinsamen Sitzung von Mitte März 2008 beschränkten sich der Stiftungsrat der «Stiftung Schweizer Presserat» und der Presserat darauf, die Ergebnisse und Empfehlungen der Studie, offen und kontrovers zu diskutieren, vorerst noch ohne daraus verbindliche Schlussfolgerungen zu ziehen und Beschlüsse zu fällen. Zuerst soll nun abgewartet werden, ob die für Mitte Jahr zur Diskussion stehende Erweiterung der Trägerschaft der Stiftung «Schweizer Presserat» auf Verleger und SRG nun zustande kommt oder nicht. Denn je nach Ausgang des zur Zeit in den Journalistenverbänden anlaufenden Meinungsbildungsprozesses werden sich die strukturellen Rahmenbedingungen für die künftige Ausrichtung des Presserates äusserst unterschiedlich präsentieren. (pv.ch)

                         
Schweizer Presserat findet in den Redaktionen zu wenig Beachtung.
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