«Ein Chefredaktor ist nie unumstritten»

Nach über sechs Jahren nimmt Peter Hartmeier als Chefredaktor beim «Tages-Anzeiger» den Hut. Wir wollten vom noch «Tagi»-CR wissen wieso er die Zeitung verlässt und ob sein Abgang mit dem fehlenden Rückhalt in der Redaktion zu tun hat.

Der 56-jährige Peter Hartmeier gibt die Chefredaktion des Tages-Anzeigers im Verlauf des Jahres 2009 ab und wird dann Verleger der Thurgauer Zeitung. In den kommenden Monaten wird Peter Hartmeier die Weiterentwicklung des Tages-Anzeigers in einem Steuerungsteam, das von Verleger Pietro Supino geleitet wird und in dem auch der Vorsitzende der Unternehmensleitung Martin Kall sowie Rolf Bollmann, Leiter des Unternehmensbereichs Medien Zürich & Nordostschweiz, Einsitz nehmen, vorantreiben.

Ziel des Projektes ist es, die regionale Verankerung und die Position des Tages-Anzeigers in Zürich auszubauen. Mit einem überarbeiteten publizistischen Konzept und modernisierten Abläufen soll die Leistung der grössten Zeitungsredaktion der Schweiz gesteigert werden. Geprüft werden zudem eine neue Gestaltung und die Einführung einer kompakten Blattarchitektur mit vier Zeitungsbünden. Diese Neuerung würde spätere Abschlusszeiten in der Regionalberichterstattung und die Zusammenführung der regionalen Informationen in einem Zeitungsbund ermöglichen. Die folgenden Fragen wurden Peter Hartmeier schriftlich gestellt.

Peter Hartmeier, mussten sie lange überlegen diese Herausforderung anzunehmen?

Selbstverständlich war dies eine sehr schwierige Entscheidung für mich, weil ich gerne Chefredaktor des Tages-Anzeiger war. Auf der anderen Seite habe ich mir immer auch überlegt, wie ich die nächsten Jahre beruflich gestalten würde. Tatsache ist, dass ich über 6 Jahre die Redaktion des TA geleitet habe und damit mehr oder minder 6 Jahre lang, 5 bis 7 Tage pro Woche für diesen Titel bereit stand – zu allen Tages- und Nachtzeiten. Dies bereitete mir überhaupt keine Mühe, weil mir die Arbeit Spass bereitete, und weil ich physisch und psychisch robust bin. Zudem fühle ich mich in der Redaktion und in meinem Führungsumfeld von vielen Menschen umgeben, die mir aus verschiedenen Gründen sehr nahe stehen.
 
Wieso verlassen Sie den Tagi?

Aus den oben geschilderten Gründen ergibt sich die Ausgangslage. Trotz meiner Liebe zum Tages-Anzeiger war es an der Zeit eine neue Aufgabe zu übernehmen und diese neue Aufgabe konnte aus den geschilderten Gründen nicht einfach eine andere Chefredaktion sein. In diesem Sinne kam das Angebot Verwaltungsratspräsident der Huber & Co. AG und damit Verleger der Thurgauer Zeitung zu werden, zu einem richtigen Moment. Der Tages-Anzeiger wird neu gestaltet und eine neue Chefredaktion wird hoffentlich auch wieder für eine längere Phase die Zeitung führen. Ich halte Kontinuität und Konstanz für einen wichtigen Beitrag zur Unternehmenskultur.
 
Offenbar waren Sie in der Tages-Anzeiger-Redaktion nicht unumstritten. Haben Sie in letzter Zeit den Rückhalt bei den Kolleginnen und Kollegen verloren?

Ein Chefredaktor ist nie unumstritten.
 
Mit einem überarbeiteten publizistischen Konzept und modernisierten Abläufen soll die Leistung des Tagis gesteigert werden. Wie wollen Sie das genau machen? Gibt es hier bereits Pläne? Werden Sie gezwungen sein wie die AZ Medien, die PubliGroupe und die NZZ Mitarbeitende zu entlassen?

Arbeitgruppen nehmen ihre Tätigkeit auf und legen dann die Ergebnisse vor, die durch den Verwaltungsrat abgesegnet werden. Die neue Chefredaktion wird dann das Konzept umsetzen.
 
 
Was muss Ihr Nachfolger / Ihre Nachfolgerin als Tagi-CR alles mitbringen?

Der Chefredaktor muss publizistisch und politisch ein klares Profil mitbringen. Er muss betriebswirtschaftlich Denken und Handeln können, motivierend auch in schwierigen Zeiten die Redaktionsatmosphäre prägen. Schliesslich sollte er ein Beziehungsnetz mitbringen. Wenn die Chefredaktion Zürich gut kennt, ist das von Vorteil. Schliesslich ist es wichtig, mit Online- und anderen Redaktionen kooperativ zusammenarbeiten zu können. (pv.ch)

                    
Vom Chefredaktor zum Verleger: Peter Hartmeier (Bild: tamedia)