Eine Hochzeit in 161 Häppchen

„Mamour“, die Diplomarbeit von Dominik Galliker am MAZ, erzählt eine Hochzeit in Bern multimedial nach. In 30 Minuten und 161 Häppchen.

Reportage

Um die Arbeit, die auf Mamour.ch bereit steht, zu konsumieren, muss man viel scrollen, sehr viel scrollen. Denn sie ist a) multimedial und b) aufgeteilt in 161 einzelne Häppchen: Mal Text, mal Audio, mal Video. Interessant ist, dass sich die Story so ganz anders „liest“ als in Print, aber durchaus auch benutzerfreundlich konsumiert werden kann.

Erschienen ist die Geschichte aber auch auf Papier, in der „Berner Zeitung“ vom 7. Februar 2015:

Verantwortlich dafür war Dominik Galliker (Konzept, Text, Schnitt), zusammen mit Enrique Muñoz García (Bilder, Videos, Schnitt) und Daniel Barben (Informatik), weiter mitgewirkt haben Guido Mingels und Tobias Habegger. „Das Team war ein Glücksfall“, schreibt Galliker auf Anfrage: „Wir hatten alle kaum Erfahrung mit multimedialen Projekten. Für uns war alles neu, wir konnten vieles von null aus durchdenken und gestalten, ohne in einer Routine gefangen zu sein. Wir waren begeistert vom Projekt. Keiner von uns hat besonders auf den Aufwand geschaut – Hauptsache das Resultat stimmt. So hatten wir quasi die Chance, ein Projekt ausser Konkurrenz zu erarbeiten.“

Kennengelernt hat er Lena und Mamour, das Hochzeitspaar, das sich von Anfang an dem Projekt gegenüber sehr offen gezeigt habe, über eine Kollegin: „Ich durfte sie während einiger Tage vor der Hochzeit begleiten, ich ging zum Beispiel mit zu einem Essen bei Lenas Eltern und begleitete Mamour ins Fitnessstudio. Am Hochzeitstag selber waren Enrique und ich von Morgen bis Abend dabei. Insgesamt hatten wir etwa 60 A4-Seiten Notizen und Transkription, dazu 1800 Bilder und Videos. Wir entschieden uns, die Geschichte aus Lenas Optik zu erzählen. Ich denke, sie ist näher beim Alltag der Leser und damit eher fassbar.“

Der Entscheid, die Story aus Lenas Optik zu erzählen, ist zwar nachvollziehbar. Aber mich stört es schon etwas, dass Mamour selbst nicht zu Wort kommt. Galliker schreibt, man habe versucht, die Gegenwart mit Bildern und die Vergangenheit vor allem mit Ton darzustellen, und die Reduktion auf Lenas Stimme schaffe Nähe: „Diese Nähe ist aus meiner Sicht entscheidend, damit man Lenas Entscheid nachvollziehen kann.“

Dass solche Stücke im Journalismus nach wie vor die Ausnahme sind, liegt am hohen Aufwand dafür, wie Galliker erklärt: „Wir haben extrem viel Zeit gebraucht – am Ende wurde es sogar mit dem Abgabetermin knapp. Kein Medium könnte sich leisten, auf Dauer so zu arbeiten.“

Man könnte anfügen: Es sei denn, Leser oder Mäzene finanzieren das direkt.